oecd_80Paris. - Die staatliche Entwicklungshilfe (ODA) der OECD-Länder ist im vergangenen Jahr erstmals seit Jahren wieder gesunken. Die Mitglieder des Entwicklungsausschusses (DAC) der OECD stellten 2011 finanzielle Mittel in Höhe von 133,5 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Das entspricht nach Angaben der OECD 0,31 Prozent des Brutto-National-Einkommens (BNE) aller DAC-Geberländer. In konstanten Preisen sind das 2,7 Prozent weniger als 2010, dem Jahr mit den bisher größten ODA-Leistungen.

Der Rückgang spiegele die angespannte finanzielle Lage vieler DAC-Länder wider, erklärte die OECD. "Die Geber haben die ODA-Zahlungen trotz der Krise fast auf dem Rekordniveau von 2010 gehalten", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Er rief die DAC-Länder dazu auf, die Mittel weiter aufzustocken, sobald es ihre finanzielle Lage erlaube. Auch der Vorsitzende des OECD Entwicklungsausschusses, J. Brian Atwood, begrüßte, dass die Entwicklungszusammenarbeit trotz der wirtschaftlichen Lage auf hohem Niveau fortgesetzt worden sei: "Augenscheinlich gibt es ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass globale Herausforderungen von Krankheiten bis Klimaschutz nicht ohne Fortschritte in der Entwicklungspolitik bestanden werden können."

Die USA waren mit 30,7 Milliarden US-Dollar auch 2011 der größte Netto-Geber von ODA-Leistungen. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Leistungen real jedoch um 0,9 Prozent zurück. Die ODA-Quote lag 2011 bei 0,20 Prozent des BNE (2010: 0,21%). Zweitgrößter Netto-Geber weltweit und größter Geber Europas ist Deutschland mit 14,5 Milliarden US-Dollar. Das entspricht 0,4 Prozent des BNE. In absoluten ODA-Leistungen folgten Großbritannien (13,7 Milliarden US-Dollar) und Frankreich (12,9 Milliarden). Die einzigen Länder, deren ODA-Quote 0,7 Prozent des BNE übersteigt und die somit das von der UN gesetzte Ziel erreichen, sind wie in den Vorjahren Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Schweden.

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Grafik: OECD

Die größten realen ODA-Steigerungen gab es 2011 in Italien, Neuseeland, Schweden und in der Schweiz. In 16 von 23 DAC-Ländern hingegen sanken der OECD zufolge die ODA-Leistungen. Die stärksten Schnitte verzeichneten hierbei Österreich, Griechenland, Belgien, Japan und Spanien. Der Hauptanteil (54 Prozent bzw. 72,3 Milliarden US-Dollar) der gesamten ODA-Zahlungen kam von den EU-Mitgliedern des DAC. Mit 0,45 Prozent des kombinierten BNE in diesen Ländern ist die ODA-Quote der EU-Geber über jener des gesamten DAC.

Für die kommenden Jahre geht der jüngste OECD-DAC Bericht über die zukünftigen Finanzierungspläne der Geber davon aus, dass sogenannte länderprogammierbare Hilfen (CAP) dieses Jahr leicht ansteigen, aber ab 2013 stagnieren werden. Je nach Region könnten sich die Hilfen in den Jahren danach eher verringern. Tendenziell dürften die länderprogrammierbaren Hilfen für den lateinamerikanischen Kontinent eher fallen, wohingegen sie für Süd- und Zentralasien geringfügig steigen könnten. In Afrika deutet der Bericht kaum auf Veränderungen hin. Die jüngsten Ereignisse in der Sahel-Zone und in Nordafrika könnten allerdings dazu führen, so die OECD, dass einige Geber ihre Finanzierung für die Region neu programmieren.

Der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) betonte, die Bundesregierung habe 2011 erstmals mehr als zehn Milliarden Euro netto für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben und sei damit nach den USA zweitgrößter Geber. "Mit 0,4 Prozent haben wir 2011 die höchste ODA-Quote seit der Wiedervereinigung", sagte Niebel. "Ich freue mich, dass wir trotz der effektiven Konsolidierung des Bundeshaushaltes mehr Mittel in die Entwicklungspolitik investieren und damit unserer Verantwortung in der Welt gerecht werden. Bei einer wachsenden Wirtschaftsleistung und einem insgesamt fast konstanten Bundeshaushalt ist das eine enorme Leistung der deutschen Steuerzahler."

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verwies darauf, 2009 habe die deutsche ODA-Quote noch bei 0,35 Prozent gelegen. Seitdem seien die Netto-ODA-Leistungen um fast zwei Milliarden Euro auf nun 10,45 Milliarden Euro erhöht worden. "Ich ahne bereits jetzt, dass die Opposition diesen Erfolg nicht anerkennen wird, obwohl gerade sie ihre Chance bis 2009 nachweislich nicht genutzt hat", sagte Niebel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, dass die Bundesregierung an ihrem Ziel festhalte, bis 2015 eine Quote von 0,7 Prozent am Bruttonationaleinkommen für Entwicklungszwecke einzusetzen.

Gemessen an der ODA-Quote sei Deutschland im europäischen Vergleich weiterhin unteres Mittelmaß, kritisierte Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland. "In dem derzeitigen Schneckentempo erreicht die Bundesregierung nie ihr erklärtes Ziel, bis 2015 0,7 Prozent des BNE für Entwicklung auszugeben." Die von der Bundesregierung angekündigte Erhöhung der Entwicklungsmittel für 2013 um nur 103 Millionen Euro sei nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Um in drei Jahren die 0,7 Prozent-Marke zu erreichen, müssten Deutschlands Entwicklungsausgaben um durchschnittlich drei Milliarden Euro pro Jahr steigen, so Oxfam. "Die geplante Finanztransaktionssteuer ist eines der Instrumente, die den benötigten Sprung in der Entwicklungsfinanzierung bringen kann. Die Bundesregierung muss diese Steuer auch für die weltweite Armutsbekämpfung und den Klimaschutz in armen Ländern nutzen", forderte Hauschild.

www.oecd.org
www.bmz.de

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