keniaBerlin. -  In Kenia steht am 4. März  eine "Super"-Wahl an. Vom Präsidenten bis zum Bezirksvorsteher stehen in dem ostafrikanischen Staat fast alle politischen Ämter zur Wahl. Dies birgt nach Ansicht vieler Beobachter große Chancen für die Aussöhnung verfeindeter Ethnien und die Entwicklung einer neuen politischen Kultur. Es sind die ersten Wahlen nach der Verabschiedung der neuen kenianischen Verfassung 2010, durch die wichtige Reformprozesse insbesondere im Justiz- und Polizeiwesen eingeleitet wurden.

"Die Menschen in Kenia erhoffen sich eine konstruktive Fortsetzung dieser Prozesse nach den Wahlen. Gleichzeitig ist diese Hoffnung getrübt durch die Befürchtung von Einschüchterungsversuchen und Gewaltausbrüchen", erklärte Maria Klatte, Leiterin der Afrika-Abteilung bei MISEREOR. Im Anschluss an die Wahlen 2007 waren mehr als 1.300 Menschen getötet und mehr als 500.000 Menschen vertrieben worden.

Unabhängig davon, welcher Präsidentschaftskandidat gewinnt, müssten die im Prozess zur Umsetzung der neuen Verfassung begonnen Reformen konstruktiv fortgesetzt werden, um die großen Ungleichheiten und sozialen Spannungen im Land in den Griff zu bekommen. "Besonders die ungelöste Landfrage ist ein entscheidender Faktor für ein friedliches Zusammenleben in Kenia", sagte Klatte.

Während riesige Flächen Land in den Händen weniger Großgrundbesitzer liegen, steigt vor allem in den Städten die Zahl der Armutsviertel, wo Menschen dichtgedrängt auf kleinstem Raum leben. Zum Beispiel lebt rund die Hälfte der vier Millionen Einwohner Nairobis in den Armutsvierteln der Stadt, die nur fünf Prozent der Fläche des gesamten Stadtgebietes ausmachen. Zugang zu Land für diese Menschen wäre ein wichtiger Beitrag zur Armutsbekämpfung und zur Verhinderung von sozialen Spannungen in der Bevölkerung, so Klatte.  

Partnerorganisationen von MISEREOR unterstützen seit Monaten einen friedlichen Wahlprozess. Menschenrechts-Organisationen wie die Kenya Human Rights Commission und die Independent Medico-Legal Unit, die aktiv an der Gestaltung der laufenden Reformen mitwirken, die nationale Kommission Justitia et Pax sowie andere NGOs, die mit Basisgruppen der Elendsviertel für die Verbesserung ihrer Situation kämpfen, haben ihre Aktivitäten vor den Wahlen abgestimmt und verstärkt. So wurden Kampagnen und Seminare zur Wähleraufklärung durchgeführt, Friedensmärsche und Treffen zwischen potentiellen Konfliktparteien organisiert.

Auf politischer Ebene arbeiten MISEREOR-Partner als Experten den Kommissionen zur Gewährleistung der Sicherheit während und nach den Wahlen zu. Dazu gehören auch Gespräche mit der Polizei, um eine mögliche politische Parteinahme der Sicherheitsfachkräfte und daraus resultierende Gewalt zu verhindern.  

Auch das Kinderhilfswerk World Vision hat die vielfältigen Anstrengungen der Zivilgesellschaft unterstützt, um Spannungen in der Bevölkerung abzubauen, die Interessen der Armen einzubringen und informiertes demokratisches Handeln zu fördern. Angesichts der Erfahrungen bei den letzten Wahlen wurden gleichzeitig auch Vorkehrungen getroffen, um gefährdete Menschen besser vor Gewalt zu schützen und bei Bedarf schnelle humanitäre Hilfe auf den Weg zu bringen.

Mehrere Tageszeitungen in Kenia haben mit Unterstützung von World Vision in dieser Woche Ratschläge zum Schutz von Kindern während der Wahlen verbreitet. Diese wurden in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium erarbeitet. In Nairobis größtem Slum Kibera, wo bei den Unruhen nach den letzten Wahlen viele Wohnungen brannten und zahlreiche Menschen ums Leben kamen, trainierte World Vision gemeinsam mit einer lokalen Organisation 200 ausgewählte Frauen darin, Hetzpropaganda und Gewaltausbrüche früh zu erkennen und sich über Hotlines mit Helfern zu verständigen. Zudem gaben die Frauen Informationen über die Bedeutung friedlicher Wahlen an ihre Umgebung weiter.

Nicht nur die Hot-Spots der Städte Nairobi, Kisumu und Nakuru, sondern auch Regionen mit chronischen Ressourcen-Konflikten wie die Wohngebiete der Turkana, Pokot und Samburu in North Rift wurden von der Hilfsorganisation bei der Vorbereitung friedlicher Wahlen unterstützt. Kooperationspartner sind dort vor allem Friedenskomitees und Älteste, Kirchen und Sheiks sowie die lokale Verwaltung. Sie werten Informationen über Konflikte aus, verbreiten Friedensbotschaften und organisieren Dialogforen. "Unser Krisenteam steht auch jetzt konstant in Kontakt mit diesen Netzwerken und sie kommunizieren mit uns, sobald Hilfe nötig ist", berichtete World Vision-Sprecherin May Ondeng.

Mit der Initiative "Citizen voice in Action" unterstützt World Vision in rund 30 Regionen die aktive Beteiligung der Bevölkerung an dezentraler Politikgestaltung. Oft geht es dabei im ersten Schritt darum, Transparenz über politische Entscheidungen herzustellen oder Bürger mit ihren Rechten und der Funktion der neuen politischen Instanzen vertraut zu machen. Ob es um den Standort einer Schule, die Verteilung von Land, die Entwicklung der Infrastruktur oder Wassernutzungsrechte geht – die Stärkung der Eigenverantwortung und Zusammenarbeit mit gewählten Regionalvertretern ist zu einem wichtigen Baustein der Entwicklungszusammenarbeit geworden.

"Für Kleinbauern und Viehzüchter in abgelegenen Regionen ist es ein großer Erfolg, wenn die einzige Straße in ihrem Gebiet aufgrund ihrer Eingaben endlich repariert oder ausgebaut wird und sie dadurch Zugang zu regionalen Märkten bekommen", so May Ondeng.

www.misereor.de
www.worldvision.de


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