oneBerlin. - Im vergangenen Jahr wurden erstmals mehr Menschen in Behandlungsprogramme mit lebensrettenden Aids-Medikamenten aufgenommen, als sich neu infiziert haben. "Dieser Erfolg bedeutet aber nicht, dass das Ende von Aids zum Greifen nah ist", warnte die entwicklungspolitische Lobby-Organisation ONE in einem neuen Bericht mit dem Titel "Am Wendepunkt", der am Montag anlässlich des Welt-Aids-Tages veröffentlicht wurde.

"Wir haben den Wendepunkt im weltweiten Kampf gegen Aids erreicht", sagte Tobias Kahler, Deutschland-Direktor von ONE. "Wir dürfen jetzt aber nicht nachlassen. Die erreichten Fortschritte sind sehr fragil. Einige Länder haben nach einer Zeit der Erfolge bei der Aids-Bekämpfung wieder Rückschritte gemacht."

Kahler fordert ein stärkeres deutsches Engagement bei der internationalen Aids-Bekämpfung: "Für 2015 hat die Bundesregierung die Mittel für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria gerade um 35 Millionen Euro auf 210 Millionen Euro gekürzt. Deutschlands Wirtschaftskraft angemessen wäre ein Betrag von 400 Millionen Euro jährlich."

Der Bericht "Am Wendepunkt" macht drei Gefahren für die weitere erfolgreiche Bekämpfung der Krankheit aus. Die erste Gefahr ist aus der Sicht von ONE die "nicht ausreichende Finanzierung": Es würden jährlich mindestens drei Milliarden US-Dollar mehr benötigt, um die Krankheit einzudämmen. Die internationale Finanzierung durch Geberländer sei zudem nicht breit genug aufgestellt und somit "nicht nachhaltig". Der größte Teil werde von den USA, Großbritannien und Frankreich getragen, und viele afrikanische Regierungen hätten Probleme, ihre finanziellen Zusagen für den Gesundheitsbereich einzuhalten.

Zweitens trete die Krankheit vor allem bei Bevölkerungsgruppen auf, die schwerer zu erreichen sind. Verglichen mit dem Rest der erwachsenen Bevölkerung sei die Verbreitung des HI-Virus deutlich höher bei intravenös konsumierenden Drogensüchtigen, bei homosexuellen Männern, Prostituierteen und heranwachsenden Mädchen. Diese Bevölkerungsschichten würden oft stigmatisiert und hätten Schwierigkeiten, Behandlungs- und Vorsorgeleistungen in Anspruch zu nehmen.

Drittens seien die erzielten Fortschritte "sehr zerbrechlich". Die Ebola-Krise der vergangenen Monate hab gezeigt, dass sich neue Bedrohungen verheerend auf schwache Gesundheitssysteme auswirken und Fortschritte im gesamten Gesundheitssektor zunichtemachen könnten. "Wenn ein Land den Wendepunkt im Kampf gegen HIV/Aids erreicht hat", so ONE, "ist das zudem keine Garantie, dass der Erfolg stabil ist. Das Beispiel Ghana zeigt dies deutlich. Das Land hat seine Ausgaben im Gesundheitsbereich gekürzt, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und ist dadurch wieder hinter seinen Wendepunkt zurückgefallen, da sich erneut mehr Menschen neu infiziert haben, als in Behandlungsprogramme aufgenommen wurden."

Der Bericht enthält drei Empfehlungen, um die skizzierten Gefahren zu bannen. Erin Hohlfelder, Direktorin für Gesundheitspolitik bei ONE und Autorin des Berichts, sagte dazu: "Unser Bericht zeigt deutlich, dass der Kampf gegen HIV/Aids mehr zusätzliche Mittel aus mehr Quellen benötigt. Wir können uns nicht jedes Jahr auf die gleichen Geldgeber verlassen. Außerdem fordern wir, dort anzusetzen, wo Aids auftritt und nicht dort, wo es am einfachsten ist. Zusätzliche Mittel reichen nicht aus, es sind maßgeschneiderte Programme und politischer Druck nötig, um die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Schließlich müssen wir stabile Gesundheitssysteme aufbauen, die nicht nur gewappnet sind, um HIV/Aids zu bekämpfen, sondern auch anderen Gesundheitsgefahren Stand halten."

=> Bericht "Am Wendepunkt": www.one.org/aidsreport 

Quelle: www.one.org/de 


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