voluntourismus studie 720

Berlin. - Anlässlich der weltgrößten Tourismusmesse ITB (4. bis 8. März) in Berlin setzt sich Brot für die Welt kritisch mit dem Reisetrend "Voluntourismus" auseinander. Allein in Deutschland buchen schätzungsweise 20.000 Menschen jährlich einen der meist kurzzeitigen, erlebnisorientierten Freiwilligeneinsätze in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Brot für die Welt begrüßt, dass immer mehr Menschen sich für die Lebensbedingungen in Entwicklungsländern interessieren und sich engagieren möchten. "Intensive Begegnungen wirken oft länger als der Aufenthalt selbst. Daraus können dauerhafte Freundschaften entstehen und globales, bürgerschaftliches Engagement", betont Antje Monshausen, Leiterin der Arbeitsstelle Tourism Watch bei Brot für die Welt.

In der Realität weisen viele Angebote im Bereich Voluntourismus jedoch erhebliche Defizite vor allem bei Kindesschutz und nachhaltiger Entwicklung auf. Zu diesem Schluss kommt eine gemeinsame Studie von Brot für die Welt, der Kinderrechtsorganisation Ecpat Deutschland und dem Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung in der Schweiz.

Antje Monshausen: "Die Angebote orientieren sich in Bezug auf Tätigkeiten und Einsatzdauer vor allem an den Wünschen der Kunden und weniger an den Interessen und Bedürfnissen der Menschen im Reiseland." So würden Klischees von Armut und Unterentwicklung nicht beseitigt, sondern eher noch gefestigt. Obwohl die meisten Angebote eine Tätigkeit mit Kindern vorsähen, verfüge kaum ein Veranstalter über umfassende Kindesschutzmaßnahmen.

Brot für die Welt fordert einen sofortigen Stopp der beliebten Kurzzeiteinsätze in Kinderheimen. Bei diesen Angeboten könnten Reisende "unwissentlich zu Komplizen von skrupellosen Mittelsmännern und Kinderhändlern" werden.

Doch nicht nur beim Voluntourismus, so die Herausgeber der Studie, werden die Menschen in den Reiseländern übergangen. Für den Bau von Hotels werden Menschen vertrieben, Fischer verlieren den Zugang zu ihren Fanggründen. Aktuelle Studien aus Sri Lanka und Myanmar belegten, wie sich nach langer Zeit der Abschottung durch Bürgerkrieg oder eine strenge Diktatur der Tourismus wieder "erholt" und welche Risiken für die Menschen damit verbunden sind. "Gerade wenn der Tourismus boomt und zur Entwicklungspriorität wird, ziehen Politik und Wirtschaft rücksichtlos an einem Strang. Lokale Fischer und ortsansässige Bauern haben keine Chance", so Monshausen.

Deutsche Reiseveranstalter dürften sich deshalb nicht mehr nur darauf verlassen, dass die Staaten die Menschenrechte schon sicherstellen. Sie selbst seien gefordert Maßnahmen zu ergreifen, damit im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit keine Menschenrechte verletzt werden.

Während sich einige Veranstalter bereits im "Roundtable Menschenrechte im Tourismus" darüber austauschen, wie sie mit menschenrechtlichen Risiken umgehen und erste Schritte im eigenen Unternehmen umsetzen, befindet sich die Mehrheit der Veranstalter und auch der Deutsche Reiseverband noch ganz am Anfang. "Die Menschen in den Reiseländern hoffen auf mehr Engagement. Schließlich sind sie es, die den Reisenden das Gefühl geben sollen, sorgenfrei im Urlaub zu sein!", so Brot für die Welt.

=> Studie "Vom Freiwilligendienst zum Voluntourismus" (PDF)

Quelle: www.brot-fuer-die-welt.de 


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