oxfam indigenous womanBerlin. - Milliardenschwere Investitionen der International Finance Corporation (IFC) verursachen weltweit Menschenrechtsverletzungen. Die Weltbanktochter schätzt Risiken ihrer Geschäfte mit Partnern wie Banken und Private Equity Fonds falsch ein und ergreift keine Maßnahmen, um die ärmsten sowie sozial und ökonomisch schwächsten Bevölkerungsgruppen zu schützen. Dies hat der am Donnerstag von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, darunter Oxfam und urgewald, veröffentlichte Recherche-Bericht "The Suffering of Others" dokumentiert.

Fallstudien aus Indien, Laos, Kambodscha, Guatemala und Honduras belegen, dass die IFC bei ihren Geschäften mit so genannten Finanzintermediären ihre Sorgfaltspflicht verletzt und schlechtes Risikomanagement betreibt. Das habe zur Folge, dass lokale Gemeinschaften von ihrem Land vertrieben werden, Gewalt und Repressionen ausgesetzt werden und ihre Existenzgrundlagen verlieren. Zum Anlass des IFC Board Meetings am 2. April fordern Oxfam und urgewald:Die IFC muss ihre Investitionen in Hochrisikoprojekte, die über die private Finanzwirtschaft abgewickelt werden, einstellen, bis ein wirksames Risikomanagement etabliert ist.

GRÖßTER TEIL DER IFC-DARLEHEN GEHT AN BANKEN UND PRIVATE EQUITY FONDS

Laut Oxfam wickelt die IFC mittlerweile 62 Prozent ihres Investitionsportfolios über Partner wie Banken und Private Equity Fonds ab. 36 Milliarden US-Dollar wurden auf diese Weise in den Jahren 2009 bis 2013 als Darlehen vergeben. Diese Summe übersteigt um 50 Prozent die Ausgaben der gesamten Weltbankgruppe im Gesundheitsbereich und beträgt das Dreifache der Ausgaben im Bildungssektor im gleichen Zeitraum. Dabei gibt es erhebliche Transparenz-Defizite bei den Geschäften mit der privaten Finanzwirtschaft: Für 94 Prozent der Investitionen, die die IFC in diesem Bereich selbst als Hochrisiko-Projekte klassifiziert, liegen für die vergangenen drei Jahre (seit 2012) keine öffentlichen Informationen über den Verbleib der Finanzmittel vor. "Die Darlehenspraxis der IFC bleibt völlig im Dunkeln. Die bittere Erkenntnis ist, dass die IFC nicht weiß, was mit ihrem vielen Geld passiert", kritisierte Knud Vöcking, Weltbankexperte bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. Dies gewinnt zusätzliche Brisanz durch die Pläne der IFC, ihre Darlehen in fragile und von Konflikten betroffene Staaten um 50 Prozent zu erhöhen. Oxfam und urgewald fordern, dass die IFC die Geldempfänger und Sub-Projekte aller ihrer Investitionen über Dritte veröffentlicht.

BEISPIEL: INFRASTRUKTURPROJEKT IN INDIEN

Im Jahr 2008 investierte die IFC 100 Millionen US-Dollar in den Indischen Infrastrukturfonds. Dieser wiederum investierte einen Teil des Geldes in ein 1.400-MW-Kraftwerk der GMR Kamalanga Energy Limited (GKEL) im indischen Bundesstaat Odisha. Im Zuge des Projektes verloren knapp 1.300 Familien ungefähr 486 Hektar (1.200 acres) bewässertes Ackerland, obwohl ein Gesetz in Odisha die Umnutzung von Ackerland in industriell genutztes Land verbietet. Darüber hinaus erwarb das Unternehmen knapp 32 Hektar (78 acres) Wald, ohne die Landrechte der Gemeinden vor Ort zu respektieren, was eine Verletzung des Waldrechtgesetztes von 2006 darstellt. Familien wurden gezwungen, ihr Land zu einem Preis zu verkaufen, der durchschnittlich 1.600 US-Dollar/acre unterhalb dessen lag, was man in den drei Jahren vor dem Start des Projekts für diese Fläche erhalten hätte. Dem Bericht "The Suffering of Others" zufolge hat das GKEL-Projekt den Anteil der Haushalte ohne Landbesitz in dem Gebiet um rund 23 Prozent erhöht. Zwei Basisorganisationen aus den betroffenen Gemeinden haben bei der Ombudsstelle der IFC eine Beschwerde eingereicht, in der sie kritisieren, dass es keine öffentlichen Anhörungen gegeben habe, obwohl dies bei Landerwerb zwingend vorgeschrieben sei. Zudem seien keinerlei Projektinformationen inklusive Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfungen öffentlich verfügbar.

Fazit: Das GKEL-Projekt hat die ärmlichen Lebensbedingungen der Gemeinden, die bereits von hoher Umweltverschmutzung betroffen sind, nicht verbessert sondern verschärft. Ähnliche Schlüsse lassen sich auch aus den anderen Fallstudien des Recherche-Berichts ziehen: Projekte in Guatemala, Honduras, Kambodscha oder Laos haben das Leid der Menschen erhöht, statt es zu mindern.

VOGEL-STRAUß-PRAXIS DER IFC MUSS EIN ENDE HABEN

"Unser Bericht zeigt klar und deutlich, dass die IFC die sozialen und ökologischen Risiken von Projekten teilweise selbst als hoch einschätzt, aber trotzdem keine geeigneten Maßnahmen ergreift, um dem zu begegnen. Diese Vogel-Strauß-Praxis muss ein Ende haben. Die IFC muss sicherstellen, dass bei Investitionen ihre eigenen Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden. Wenn Kreditnehmer diese Standards verletzen, muss das zu einem Ende der Zusammenarbeit führen", erklärte David Hachfeld, Handelsexperte bei Oxfam.

=> Bericht: "The Suffering Of Others"

Photo:© Consejo de Pueblos de Tezulutlán

Quellen: oxfam.de | urgewald.org


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