nepal erdbeben 2015 Welthungerhilfe 720

Kathmandu. - Auch zehn Tage nach dem katastrophalen Erdbeben in Nepal ist es schwierig, die weit entfernten Dörfer in den Bergen zu erreichen. Zehntausende Menschen sind durch das Erdbeben obdachlos geworden. Ihre Häuser sind eingestürzt oder so schwer beschädigt, dass sie nicht mehr sicher sind. Barbara Zilly ist als Landeskoordinatorin der Welthungerhilfe in Nepal tätig und berichtet im Interview mit epo.de von den aktuellen Herausforderungen.

Lea Gölnitz: Wie ist die Situation mehr als eine Woche nach dem Beben? Müssen immer noch viele Menschen draußen schlafen?

Barbara Zilly: In den Städten sind viele Menschen, die noch eine Behausung haben, wieder zurückgekehrt, daher ist die Anzahl der Leute in den Camps in Kathmandu Valley etwas zurückgegangen. In den ländlichen Gebieten allerdings schlafen die Menschen in Behelfsbehausungen, die sie aus Planen aufgebaut haben in der Nähe ihrer Felder. Viele benutzen sogar Planen, die normalerweise für die Sammlung von Regenwasser dienen, um ihre Felder zu bewässern.

Lea Gölnitz: Wie ist die Stimmung gegenüber der Regierung bezüglich der Verteilung von Hilfsgütern?

Barbara Zilly: Es gibt Ärger unter der Bevölkerung, weil die Verteilung nicht überall gerecht abläuft. Nepotismus und Bevorzugung von Menschen aus höheren Kasten kommt häufig vor.

Lea Gölnitz: Jetzt nachdem die Hilfe angelaufen ist, was genau macht die Welthungerhilfe?

Barbara Zilly: Die Welthungerhilfe konzentriert sich fürs erste auf die Verteilung von Planen, Decken und Nahrungsmitteln (Reis, Linsen, Öl und Salz) über ihre verschiedenen Partnerorganisationen in den Distrikten, die am heftigsten erschüttert wurden: Dhading, Gorkha, Sindhupalchok, Dolakha und in Kathmandu. Durch die bestehenden langjährigen Partnerschaften mit lokalen NGOs ist der Zugang zu den Gebieten einfach und mithilfe von lokalem Personal kann auch auf die gerechte Verteilung geachtet werden.

In einem zweiten Schritt wird die Welthungerhilfe die Stabilisierung der Nahrungsmittelsituation angehen.

Lea Gölnitz: Wie läuft die Koordination mit der Regierung? Die hatte sich ja letzte Woche kritisch gegenüber ausländischen Hilfsorganisationen geäußert.

Barbara Zilly: Es gibt eine Trennung zwischen etablierten Organisationen im Land, die eine Struktur haben und registriert sind und solchen International Non-Governmental Organisations (INGOs), die nun neu ins Land kommen. Erstere können ihre Programme ungehindert durchführen. Letzteren wurde zwar die direkte Durchführung über lokale Strukturen erlaubt, allerdings haben sie Schwierigkeiten, ihre Gelder vor Ort zu verwalten, da die Regierung einen "Prime Minister Disaster Relief Fund" eingerichtet hat, auf den alle Gelder, die auf Bankkonten, die nach dem 25. April eingerichtet wurden, umgeleitet werden.

Lea Gölnitz: Wieviele Helfer_innen sind für die Welthungerhilfe im Einsatz?

Barbara Zilly: Das Landesbüro der WHH in Nepal bestand vor dem Erdbeben aus 7 Mitarbeitern und ist nun um weitere 6 Personen aufgestockt.

Lea Gölnitz: Welche Welthungerhilfe-Projekte sind betroffen und wie laufen die jetzt weiter?

Barbara Zilly: Unsere Initiative Fight Hunger First ist unmittelbar betroffen, da sie in einem der 11 Distrikte durchgeführt wird. Momentan sind alle Projekte unterbrochen, da fast alle Mitarbeiter von dem Erdbeben in irgendeiner Weise betroffen sind und erstmal mit ihren Familienangehörigen Kontakt suchen. Wir wollen jedoch so schnell wie möglich mit allen laufenden Projekten weitermachen, da die Unterstützung in diesem Least Developed Country (LDC) dringend notwendig ist, auch in den nicht unmittelbar vom Erdbeben betroffenen Regionen.

Lea Gölnitz: Was sind die größten Herausforderungen?

Barbara Zilly: Zugang zu den ländlichen Gebieten ist sehr schwierig, viele kleine Verbindungsstraßen sind nicht mehr passierbar und müssen freigeräumt werden. Der Monsun steht vor der Tür und wir fürchten, dass Aufbauarbeiten wegen des Regens behindert werden. Es besteht Angst, dass Krankheiten vermehrt ausbrechen, aufgrund der geringen Hygiene (Toiletten) und des Wetters.

Lea Gölnitz: Können Sie einschätzen wie lange der Wiederaufbau dauern wird?

Barbara Zilly: Da das Land an sich schon sehr arm ist und unter politischen Unsicherheiten leidet, wird es sicher eine lange Zeit dauern, bis der Wiederaufbau beendet ist.

Foto: ©Schraffl/Welthungerhilfe

Quelle: welthungerhilfe.de


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