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Zürich. - Bereits heute tritt in den Zentralen Anden Perus und Boliviens saisonaler Wassermangel auf. Bis Ende dieses Jahrhunderts könnten die Niederschläge sogar um bis zu 30 Prozent abnehmen. Das prognostiziert ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Universität Zürich. Erstmals für diese Region hat es aktuelle Klimadaten mit zukünftigen Klimaszenarien verglichen sowie mit Daten, die bis in die Zeiten vor dem Inkareich zurückgehen.

Die Bevölkerung in den Zentralen Anden ist bereits heute von Wasserknappheit bedroht. Nun zeigen Geographen der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit Schweizer und südamerikanischen Forschern, dass die Niederschläge in der Regenzeit merklich abnehmen könnten – und dies bereits in den nächsten 20 Jahren.

Im Gegensatz zu üblichen Forschungsprojekten, die Klimaprognosen häufig isoliert betrachten, verglichen die UZH-Wissenschaftler aus Baumringen und Eisbohrkernen gewonnene Daten der letzten 1.000 Jahre mit Messdaten der Gegenwart sowie Modellrechnungen für die Zukunft. Dabei zeigte sich, dass die heutigen Niederschläge noch im Bereich der natürlichen Schwankungen der letzten Jahrhunderte liegen. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird sich dies voraussichtlich aber drastisch ändern: "Unsere Modellsimulationen legen nahe, dass die Wahrscheinlichkeit für trockene Jahre zwischen 2071 und 2100 viermal so gross sein wird wie in der vorindustriellen Zeit", sagt Erstautor Raphael Neukom.

VERSTÄRKTE WESTWINDE FÜHREN ZU MEHR TROCKENHEIT

Weil es mit den heutigen globalen Klimamodellen schwierig ist, den Niederschlag in Bergregionen realistisch zu simulieren, mussten die Wissenschaftler einen Umweg gehen. Sie nutzten den Umstand aus, dass der Niederschlag in den tropischen Anden stark von der Windstärke in höheren Luftschichten gesteuert wird. "Diese Winde lassen sich viel verlässlicher simulieren als der Niederschlag selber", so Raphael Neukom und folgert: "Durch den Anstieg der Treibhausgase werden die Westwinde über den Zentralen Anden höchstwahrscheinlich stärker werden. Verstärkte Westwinde in der oberen Troposphäre vermindern aber den Zufluss von feuchter Luft aus dem Amazonasgebiet in die Anden und führen damit zu mehr Trockenheit."

Obwohl sich in fast allen Modellsimulationen ein rückläufiger Niederschlag zeigt, muss man nach Angaben der Wissenschaftler mit gewissen Unsicherheiten bezüglich der Modelle und Klimaszenarien rechnen. Trotzdem: "Kurzfristige Voraussagen können zwar von gegenläufigen Schwankungen überlagert werden, aber langfristig, also bis zum Ende des Jahrhunderts, ist die Tendenz zu Trockenheit in den Anden in unseren Daten eindeutig", erklärt der UZH- Glaziologe Christian Huggel. Ausserdem könnten weitere Faktoren wie die Abholzung des Amazonasregenwaldes und der Rückgang des Gletscher-Schmelzwassers diese Tendenz verstärken.

Laut Christian Huggel braucht es deshalb dringend finanzierbare und risikoarme Massnahmen zur Anpassung der Region an die neuen Klimabedingungen. In peruanisch-schweizerischen Projekten werden solche Massnahmen getestet, beispielsweise mittels künstlicher Teiche zur Speicherung von Regenwasser. "Für die Dimensionierung solcher Teiche kommen die Resultate der Grundlagenforschung zum richtigen Zeitpunkt", schliesst Christian Huggel.

Raphael Neukom, Mario Rohrer, Pierluigi Calanca, Nadine Salzmann, Christian Huggel, Delia Acuña, Duncan A Christie and Mariano S Morales.
Facing unprecedented drying of the Central Andes? Precipitation variability over the period AD 1000-2100. Environmental Research Letters. doi:10.1088/1748-9326/10/8/084017

Foto: Lamas und Schafe in der peruanischen Vilcanota Region © Nadine Salzmann, Universität Zürich

Quelle: www.uzh.ch