aidskampagneBerlin. - Im Vorfeld des Weltaidstages am 1. Dezember haben mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen darauf aufmerksam gemacht, dass der Kampf gegen HIV/AIDS noch nicht gewonnen ist. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ging weltweit von 2000 bis 2014 um 35 Prozent auf zwei Millionen zurück. Gesunken sind auch die Todesfälle im Zusammenhang mit Aids. 2014 starben 1,2 Millionen Menschen. Zehn Jahre zuvor waren es noch 2 Millionen. Trotz Erfolge sei der HI-Virus weiterhin eine Bedrohung für die menschliche Entwicklung. Daher fordern die Organisationen bessere Finanzierung, besseren Zugang zu medizinischer Versorgung und zielgruppen-spezifische Kampagnen - für Kinder, Teenager und Männer. Um Neu-Infektionen, Diskriminierung und Sterbefälle zu verhindern, bleibe noch viel zu tun.

Die Kampagne "Kinder ohne Aids: Medikamente und Tests für alle!" hat sich dafür eingesetzt, dass Kinder weltweit Zugang zu geeigneten und lebensnotwendigen Medikamenten und Tests bekommen. Ein Jahr lang hat das entwicklungspolitische Aktionsbündnis gegen Aids, bestehend aus knapp 300 Mitgliedsorganisationen, politische Informations- und Überzeugungsarbeit dafür geleistet. Die Bundesregierung wird aufgefordert, mehr für den Kampf gegen HIV und Aids zu investieren und Druck auf die Diagnostikahersteller auszuüben, damit Preise sinken. 29.272 Unterschriften von engagierten Unterstützern wurden im Rahmen des Weltaidstags am 30. November dem Bundeskanzleramt übergeben.

"Bis Kinder weltweit ohne Aids aufwachsen können, wie in den nachhaltigen Entwicklungszielen vereinbart, müssen international verantwortliche Akteure noch viele Schritte unternehmen. Deshalb sind wir heute im Bundeskanzleramt", ergänzte Marwin Meier, Kindergesundheitsexperte von World Vision. "Von der Bundesregierung erwarten wir mehr Investitionen. So können ärmere Staaten ihre lebenslang benötigten Behandlungsprogramme für alle Menschen ausweiten. Die bislang vernachlässigten Kleinkinder würden besonders davon profitieren. Der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria sollte mit mindestens 400 Millionen Euro jährlich unterstützt werden."

"Pharmafirmen haben ihre Patente auf zentrale Kinderpräparate an den sogenannten Patentpool gegeben. In Zukunft können geeignete und bezahlbare HIV-Medikamente für Kinder durch Generikahersteller produziert werden und fast allen HIV-positiven Kindern weltweit zugutekommen", sagte die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Aids, Astrid Berner-Rodereda von Brot für die Welt. "Wenn nun für Kinder geeignete Medikamente mit weniger Alkoholgehalt und in Form von löslichen Tabletten und Granulaten hergestellt werden, ist das ein wichtiger Fortschritt", ergänzte Tanja Funkenberg, Gesundheitsexpertin von terre des hommes Deutschland. "Es reicht aber nicht, solange noch nicht alle Kinder Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten und Tests haben." Ende 2014 hatten weltweit erst 32 Prozent der Kinder Zugang zu HIV-Medikamenten.

"Wichtig ist auch der flächendeckende Ausbau von sogenannten Viruslasttestmöglichkeiten, ohne die Kleinkinder nicht erfolgreich und nicht früh genug getestet werden können", betonte Frank Mischo, Aids-Experte der Kindernothilfe und Koordinator der Kampagne. "Ansonsten drohen 80 Prozent der betroffenen Kinder vor dem fünften Lebensjahr unbehandelt zu sterben."

Brot für die Welt weist darauf hin, dass die Gruppe der Männer bei HIV-Interventionen bisher vernachlässigt wurde. Dabei gehe es zum einen um das Testen auf HIV, zum anderen um die anti-retrovirale, lebensrettende Behandlung. Nach aktuellen UN-Angaben benötigten zurzeit knapp 37 Millionen Menschen die lebenserhaltende Behandlung. Dabei haben in Afrika laut Brot für die Welt nur 36 Prozent der Männer Zugang dazu, bei Frauen sind es immerhin 47 Prozent. Die UN-Vollversammlung hat im September unter anderem beschlossen, dass die Immunschwächekrankheit bis 2030 gestoppt sein soll. Um das zu erreichen, müssen 90 Prozent aller HIV-Positiven ihren HIV-Status kennen und 90 Prozent von ihnen bis zum Jahr 2020 in Behandlung sein. Bisher kennt in Afrika nicht einmal die Hälfte aller HIV-Positiven ihren HIV-Status, kritisiert Brot für die Welt. Es sind vor allem Frauen, die sich während der Schwangerschaft auf HIV testen lassen.

"Der Zugang von Männern zur lebenserhaltenden anti-retroviralen Behandlung ist kaum besser als der von Kindern", so Astrid Berner-Rodoreda, HIV-Beraterin von Brot für die Welt. "Das vorherrschende Klischee des starken Mannes, der keinen Arzt braucht, hat dazu geführt, dass Männer meist warten, bis es ihnen sehr schlecht geht, bevor sie einen Arzt oder eine Klinik aufsuchen. So lassen sich viele nicht rechtzeitig auf HIV testen und bekommen dadurch die Behandlung erst, wenn ihr Immunsystem schon sehr geschwächt ist."

Die Stiftung Weltbevölkerung machte darauf aufmerksam, dass es keine Fortschritte unter Teenagern gibt. In der Altersgruppe der Zehn- bis 19-Jährigen zähle Aids weltweit zur zweithäufigsten Todesursache, in Afrika sei es sogar die häufigste Todesursache. "Die besorgniserregende Stagnation unter Teenagern mahnt zum dringenden Handeln. Allein im letzten Jahr infizierten sich 220.000 Teenager mit HIV, zwei Drittel von ihnen waren Mädchen. Präventionsprogramme wie Aufklärung und Verhütungsangebote müssen sich deshalb gezielt an Jugendliche richten und dringend ausgeweitet werden. Vor allem Mädchen brauchen besseren Schutz", sagte Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung.

Bis 2030 eine Welt frei von Aids zu erreichen sei ambitioniert. Doch mit dem entsprechenden politischen Willen, einer schlüssigen Strategie und einer verlässlichen Finanzierung wäre es leistbar. Die HIV/Aids-Strategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2005 sei dafür jedoch unzureichend und müsse dringend aktualisiert werden. Das erklärten Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft, und Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik von Bündnis 90 / Die Grünen.

Quellen: worldvision.de / brot-fuer-die-welt.de / tdh.de / kindernothilfe.de / weltbevoelkerung.de  / gruene.de


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