Mischwald in der Taiga. Foto: Uni Jena

Jena. - Der im Dezember 2015 in Paris geschlossene Weltklimavertrag sieht vor, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Doch auch eine moderate Erderwärmung wird langfristige Folgen haben. Viele afrikanische Länder und kleine Inselstaaten im Pazifik leiden bereits unter den Folgen des Klimawandels. Auch in den kaltgemäßigten Breiten der Nordhalbkugel sind die Auswirkungen des Temperaturanstiegs bereits jetzt zu beobachten, berichtet die Botanikerin Susanne Tautenhahn von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

In den kaltgemäßigten Breiten der Nordhalbkugel – von Kanada und den USA über Skandinavien bis Russland und Japan – wachsen die borealen Nadelwälder, die Susanne Tautenhahn im Rahmen ihrer Promotion am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena untersucht hat. Wie die Wissenschaftlerin vom Institut für Spezielle Botanik der Uni Jena nun mit einem internationalen Team in einer Publikation schreibt, setzt der Temperaturanstieg in diesen Wäldern eine Kette von Ereignissen in Gang, in deren Folge die borealen Nadelwälder nicht nur ihr charakteristisches Aussehen verlieren, sondern selbst maßgeblich das Weltklima beeinflussen können. Ihre Studie haben die Forscher aus Jena, Freiberg, Leipzig, Krasnoyarsk (Russland) und Gainesville (USA) in der Fachzeitschrift "Global Change Biology" veröffentlicht (DOI: 10.1111/gcb.13181).

So erwarten die Forscher, dass etwa die sibirische "dunkle Taiga", in der heute vorwiegend Nadelbäume wie Fichten, Tannen und Kiefern wachsen, langfristig von Laubbäumen dominiert wird. Aus dem heute dunklen wird so künftig ein viel lichterer Wald, wodurch sich grundlegende Klimaeinflussgrößen verändern, wie Albedo (Reflexionsvermögen der Erdoberfläche für Sonneneinstrahlung), Kohlenstoff-Speicherung und Verdunstungskühlung. "Da die borealen Wälder einer der größten Kohlenstoff-Speicher der Erde sind, wovon zwei Drittel in Sibirien zu finden sind, ist zu erwarten, dass sich diese Änderungen massiv auf das Weltklima auswirken", ist Susanne Tautenhahn überzeugt.

Ursache für den sich abzeichnenden Wandel sind Waldbrände. "Feuer ist ein wichtiger Regulator im natürlichen Entwicklungszyklus der Wälder", so Tautenhahn. Erst durch die Störung des alten Baumbestandes könnten neue Pflanzen größere Flächen besiedeln. "Doch infolge des Klimawandels werden die Brände etwa durch Blitzeinschläge häufiger und intensiver und die natürlichen Regenerationsprozesse geraten aus dem Gleichgewicht", erläutert die Nachwuchswissenschaftlerin.

In mehreren mehrmonatigen Expeditionen haben Susanne Tautenhahn und ihre Kollegen ehemalige Feuerflächen entlang des Flusses Jenissei in Sibirien untersucht: Sie haben gezählt wie viele Keimlinge sich seit dem Brand angesiedelt, wie viele alte Bäume das Feuer überstanden haben und mit ihrem Samen für neues Wachstum sorgen könnten. Zusammen mit Satellitenbildern der Region und Informationen über die Schwere der Brände und die Zeiträume, die seither vergangen sind, konnten die Forscher ein Modell entwickeln, mit dem sich die Regeneration des Waldes detailliert nachvollziehen lässt.

Dabei zeigte sich, dass die Wiederansiedlung von Nadelbäumen durch ihre begrenzte Samenausbreitung limitiert ist. Die Samen werden in der Regel durch den Wind transportiert und können nur relativ kurze Strecken zurücklegen. Gerade infolge schwerer Brände, die sich über große Flächen erstrecken, können die Samen der verbliebenen Nadelbäume nur lokal begrenzt für Nachkommen sorgen. Laubbäume dagegen, deren Samen sehr klein sind und somit weite Strecken mit dem Wind transportiert werden können, überwinden weitaus größere Strecken und können sich so deutlich leichter regenerieren, wenn Feuer intensiver und größer werden.

Wie die Folgen dieses Wandels auf das weltweite Klima konkret aussehen, darüber diskutieren die Forscher derzeit intensiv: Während für die borealen Wälder Nordamerikas angenommen wird, dass die verstärkte Ansiedlung von Laubbäumen zu einem Abbremsen der Erderwärmung und einer geringeren Feuerhäufigkeit führen kann, vermuten Susanne Tautenhahn und ihre Kollegen für die sibirischen Wälder langfristig einen anderen Effekt. "Wie in Nordamerika sollte es auch in der sibirischen dunklen Taiga durch einen höheren Albedo und höhere Verdunstungskühlung insgesamt zu einer Abkühlung kommen", sagt die Jenaer Botanikerin. Gleichzeitig werde aber mit dem Zurückdrängen der typisch-sibirischen Nadelbäume, die viel Feuchtigkeit in Bodennähe speichern, die Wahrscheinlichkeit für Waldbrände weiter erhöht. "Das kann zu einem sich selbst verstärkenden Teufelskreis werden, der das Ökosystem nachhaltig verändert."

Original-Publikation:
Tautenhahn S. et al.: Dispersal limitation drives successional pathways in
Central Siberian forests under current and intensified fire regimes,
Global Change Biology 2015, DOI: 10.1111/gcb.13181

Foto: Regeneration eines Waldes in der sibirischen Taiga nach einem Brand. Wo einst hauptsächlich Nadelbäume wuchsen, dominieren jetzt Laubbäume die Vegetation © Susanne Tautenhahn/Uni Jena

Quelle: www.uni-jena.de 


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