misereorAachen. - Anlässlich des Welttages der Migranten und Flüchtlinge - einem seit 1914 jährlich am 19. Januar stattfindenden, kirchlichen Gedenktag - hat das Werk der Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR auf die nach wie vor katastrophale Situation von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen im Nahen Osten und vielen anderen Konfliktregionen hingewiesen. Die Hauptlast tragen nach wie vor die Nachbarstaaten der Krisenländer.

Die Syrien-Krise ist inzwischen in das fünfte Jahr ihrer gewaltsamen Austragung gegangen. 7,6 Millionen Menschen sind innerhalb Syriens auf der Flucht, rund 4,7 Millionen sind zwischen März 2011 und September 2015 aus Syrien geflohen, so MISEREOR. Weit über drei Millionen von ihnen haben Schutz in den Nachbarländern gesucht, darunter 1,7 Millionen Kinder. Im vergangenen Jahr ist etwa eine Million wegen der zunehmend schlechter werdenden Situation in den Auffanglagern nach Europa geflüchtet. Zählt man diese Zahlen zusammen, ist fast die Hälfte der Bevölkerung Syriens auf der Flucht vor Krieg und Gewalt.

"Die Hauptlast der aus Syrien Vertriebenen trägt weiterhin der Libanon. Angesichts weiter steigender Flüchtlingszahlen wird die Lage, vor allem für Flüchtlinge aus Syrien, unter ihnen auch mehrfach vertriebene Menschen palästinensischer Herkunft, zusehends schwieriger", sagte MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. "Wie unsere Partner berichten, sind die Behörden und aufnehmende Gemeinschaften überstrapaziert. Auf etwa 4,5 Millionen Einwohner des Libanons kommen mittlerweile 1,5 Millionen Flüchtlinge aus den syrischen Kriegsgebieten."

Aber auch die Situation in Jordanien spitzt sich weiter zu. Schätzungsweise 1,4, Millionen Flüchtlinge sind inzwischen im Land, etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. "Laut UN-Angaben sind davon aber nur 630.000 offiziell registriert", so Bröckelmann-Simon. "Das liegt daran, dass die Menschen nach der Registrierung die Auffanglager nicht mehr verlassen dürfen, was natürlich zu enormen Spannungen führt."

Die Unterfinanzierung der UN-Programme habe sehr viele Familien vor existenzielle Fragen gestellt, berichte MISEREOR. Aus der Not heraus würden Kinder aus der Schule genommen, um durch meist unterbezahlte Gelegenheitsjobs das Familieneinkommen aufzubessern. Mädchen würden noch früher und schneller zwangsverheiratet. "Wir unterstützen unsere lokalen Partner daher vor allem beim Betrieb von Schulen für Flüchtlinge und die lokale Bevölkerung, beim Transport der Schüler und mit Lernmaterialien, um einer drohenden 'lost generation' vorzubeugen, die Gefahr läuft sich zu radikalisieren", erklärte Bröckelmann-Simon.

DRAMATISCHE SITUATION IM SUDAN UND IM SÜDSUDAN

Abseits der viel beachteten Krisen im Nahen Osten leiden auch anderorts viele Millionen Binnenflüchtlinge unter Kriegen und Hunger. Im Sudan kämpft die Bevölkerung der Provinzen Südkordofan und Blue Nile um ihre Anerkennung und Unabhängigkeit, wogegen die sudanesische Regierung in Karthum mit äußerster Brutalität vorgeht. Etwa 3,1 Millionen Menschen gelten MISEREOR zufolge derzeit im Sudan als intern Vertrieben, viele infolge des Konfliktes. Ein großer Teil der Bevölkerung floh in die Nuba-Berge, wo sich die Menschen in Höhlen verstecken, um vor den Bombardierungen Schutz zu suchen.

"Die Situation ist dramatisch. Karthum hat die Gebiete, in denen die Nubas leben, abgesperrt. Die Regierung verweigert, dass die Nubas Zugang zu irgendeiner Form von Hilfe von außen bekommen. Es gibt kein Essen, es gibt kaum Schulen und kein Lehrmaterial, keine medizinische Versorgung, keine Impfungen", sagte Bischof Macram Max Gassis von der Diözese El Obeid, einem langjährigen MISEREOR-Partner. In der Region um die stark attackierte Stadt Kauda sei die Diözese El Obeid der einzige Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen. Das von der Diözese unterhaltene Krankenhaus sei inzwischen nicht nur zur Anlaufstelle für die medizinische Versorgung von Schwerstverwundeten und Kranken geworden, sondern auch zum Versorgungszentrum für eine große Zahl von Flüchtlingsfamilien, die sich in informellen Lagern um das Krankenhaus herum angesiedelt haben.

Im Südsudan ist die Situation ebenfalls prekär, warnt MISEREOR. Hier hätten bereits etwa 2,3 Millionen Menschen ihre Häuser und Dörfer verlassen müssen, um vor dem gewalttätigen Konflikt zwischen Regierungstruppen und Rebellengruppen zu fliehen, der im Dezember 2013 ausgebrochen war. Mehr als 1,6 Millionen Flüchtlinge verblieben innerhalb der Landesgrenzen, 650.000 Menschen suchten Zuflucht in den Nachbarländern Äthiopien, Sudan, Uganda und Kenia.

"Die Binnenflüchtlinge fliehen in ruhigere Landesteile. Viele suchen Schutz in einem von insgesamt sechs Lagern der Vereinten Nationen. Die hygienischen Verhältnisse dort sind abenteuerlich und die Versorgung der Flüchtlinge ist ein enormes Problem. Sie wird durch eine desaströse Ernte verschärft, 4,2 Millionen Menschen leider zurzeit unter Hunger", berichtete Sebastian Kämpf, Berater von MISEREOR im Südsudan. Neben akuter Nothilfe zur Versorgung der Flüchtlinge liegt ein Schwerpunkt der Arbeit von MISEREOR im Land auf Bildungsinitiativen, um den Menschen langfristig wieder Perspektiven zu ermöglichen: Infolge des Konfliktes wurden zwei Drittel der Schulen zerstört, und die Analphabetenrate im Südsudan ist mit knapp 80 Prozent eine der höchsten der Welt.

Seit 2009 hat MISEREOR in über 70 Projekten lokale Partnerorganisationen in Afrika, Asien und Lateinamerika im Themenfeld Flucht und Migration unterstützt. Das Gesamtvolumen dieser Projekte liegt bei mehr als 18 Millionen Euro.

Quelle: www.misereor.de 


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