Emissionen laut Studie der Uni Bern.

Bern. - Das "Paris-Abkommen" der UN-Klimakonferenz wird zwar als historisch bezeichnet, aber der Erfolg hängt von einer raschen Umsetzung ab. Was ein Hinauszögern von CO2-Reduktionen für das Klima und die Ozeane zur Folge hätte, haben nun Berner Klimaphysiker berechnet. Demnach würde ein Verzögern der CO2-Reduktion um zehn Jahr einen weiteren Temperaturanstieg um 0,3 bis 0,7 Grad Celsius bedeuten.

Das im Dezember 2015 beschlossene "Paris-Abkommen" beinhaltet das konkrete Ziel, die globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit "deutlich unter 2 Grad" zu halten. Das erfordert massive Reduktionen der CO2-Emissionen, die aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der Abholzung von Wäldern stammen. Ab Mitte des 21. Jahrhunderts sollten die Netto- Emissionen auf Null sein. In den letzten Jahrzehnten sind diese Emissionen jedoch global um ungefähr zwei Prozent pro Jahr angestiegen. Wann genau das Absenken der Emissionen beginnt, lässt das Pariser Abkommen offen.

Das bietet den Ländern reichlich Spielraum – "mehr als das Klimasystem zum Erreichen ambitionierter Klimaziele zulässt", wie Patrik Pfister vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern betont. Pfister hat zusammen mit dem Klimaphysiker Thomas Stocker vom Oeschger-Zentrum eine Studie publiziert, welche die Konsequenzen einer Verzögerung von globalen Emissionsreduktionen aufzeigt. Die Studie erschien nun im Open Access Journal "Environmental Research Letters".

Die Forscher benutzten ein von ihnen entwickeltes Klimamodell, um die maximale Erwärmung als Folge weiterer CO2-Emissionen zu berechnen. Die maximale Erwärmung in der Zukunft steigt mit weiterhin zunehmenden Emissionen viel schneller an als die momentan beobachtete Erwärmung, nämlich ungefähr 3 bis 7.5 mal so schnell.

"Kurzfristige Klimaschwankungen und Episoden abgeschwächter Erwärmung könnten uns vor der Dringlichkeit des Problems ablenken", sagt Patrik Pfister, der Hauptautor der Studie. Aufgrund der Trägheit des Klimasystems und der extrem langen Wirkung von einmal emittiertem CO2 "bedeutet ein Herauszögern von Emissionsreduktionen um 10 Jahre eine weitere Erhöhung der Maximaltemperatur von 0,3 bis 0,7°C", so Pfister.

In zehn Jahren ohne Reduktion wird das 2.5°C-Ziel so ehrgeizig geworden sein wie heute das 2°C- Ziel. Es bleibt laut den Forschenden also nur wenig Zeit, um globale Reduktionen einzuleiten, wenn das Paris-Abkommen eingehalten werden soll.

EXISTENZIELLE BEDEUTUNG FÜR INSELSTAATEN

Neben der Atmosphäre erwärmt sich auch der gesamte Ozean, der sich dadurch ausdehnt. Dies trägt wesentlich zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Eine verzögerte Emissionsreduktion wirke sich hier besonders drastisch aus, sagt Pfister: "Bis globale Emissionsreduktionen einsetzen, steigt die Ausdehnung des Ozeans langfristig sogar 7 bis 25 mal so schnell an wie heute." Jede Verzögerung der globalen Emissionsreduktionen um zehn Jahre erhöhe den zukünftigen Meeresspiegelanstieg insgesamt um etwa 0,4 bis 1,2 Meter, abhängig von der realisierbaren Geschwindigkeit der Reduktionen. Für Inselstaaten und Küstenstädte sind der Zeitpunkt und die Geschwindigkeit der weltweiten Emissionsreduktionen daher von existentieller Bedeutung, wie die Autoren betonen.

Gleichzeitig erhöhen andauernde Emissionen auch die Versauerung der Meere – mit erheblichen Folgen für Meeresökosysteme. Gemäss Berechnungen des Berner Klimamodells bewirkt die Versauerung zum Beispiel, dass Ozeanregionen mit chemisch idealen Bedingungen für das Korallenwachstum rapide schrumpfen. Solche Regionen verschwinden bis zum Ende des Jahrhunderts fast vollständig, wenn die Emissionsreduktionen um wenige Jahre bis Jahrzehnte verzögert werden.

"Unsere Studie liefert die wissenschaftliche Grundlage der Dringlichkeit von Massnahmen", sagt Mitautor Thomas Stocker. "Die noch verbleibenden Handlungsoptionen entgleiten uns rasant: Pro Jahrzehnt Herauszögern verlieren wir 0,5°C Klimaziel." Dies bedeute laut den Forschern, dass in den nächsten Jahren bereits die ehrgeizigsten Klimaziele unerreichbar werden, wenn die Umsetzung des Pariser Abkommens auf sich warten lässt.

Publikation:
Patrik L. Pfister and Thomas F. Stocker:
Earth System commitments due to delayed mitigation, Environmental Research Letters, 21. Januar 2016, 11014010, doi: 10.1088/1748-9326/11/1/014010

Grafik: Eine Verzögerung der globalen CO2-Emissionsreduktionen bewirkt unter anderem den Verlust von Gebieten, die ideal für das Wachstum von Korallenriffen sind (violett dargestellt). © Patrik Pfister, Oeschger-Zentrum, Universität Bern

Quelle: www.unibe.ch 


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