OxfamBerlin/Genf/Oxford (ots) - Die von den reichen Ländern versprochene Reform des Welthandels zugunsten der Entwicklungsländer wird nach Einschätzung der internationalen Hilfsorganisation Oxfam ausbleiben. Die Industriestaaten "fordern immer größere Zugeständnisse von armen Ländern, geben aber selbst sehr wenig dafür", erklärte Oxfam im Hinblick auf das 6. Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) in der kommenden Woche in Hongkong (13.-18. Dezember). Die Versprechen zur Reform des Welthandels, die die reichen Länder vor vier Jahren in Doha abgaben, würden in Hongkong "wohl gebrochen", warnte Oxfam International in einem neuen Bericht.

Handel habe das Potential, "Millionen Menschen aus der Armut zu helfen", so Oxfam. Die "Entwicklungsrunde" sei jedoch ins Gegenteil verkehrt worden. "Diese Verhandlungen sollten die erforderlichen Reformvorschläge hervorbringen, um Entwicklung anzukurbeln. Aber das Hin und Her zwischen den reichen Ländern hat nichts als Stillstand hervorgerufen und die Verhandlungen entgleisen lassen. Eine solche Politik wird das Leben armer Menschen nicht verbessern", sagte Phil Bloomer, Leiter von Oxfams "Make Trade Fair"-Kampagne.

"Zudem bestehen die reichen Länder darauf, dass die armen Länder weit reichende Zugeständnisse machen. Diese harten Einschnitte - 'blood on the floor' - von anderen WTO-Mitgliedern bräuchten sie, um das Abkommen zuhause verkaufen zu können. Eine solche Machtpolitik verkehrt die Entwicklungsversprechungen von Doha in ihr Gegenteil. Auf dem derzeitigen Kurs werden die Verhandlungen kaum Nutzen für die Armen bringen und den Entwicklungsländern sogar Schaden zufügen", so Bloomer.

Eine Reform des Agarhandels ist nach Ansicht von Oxfam unumgänglich, um den ärmsten Menschen der Welt zu helfen. Dennoch hätten die reichen Länder ihre Versprechen, das Dumping zu beenden und den Marktzugang für Importe aus armen Ländern zu verbessern, nicht gehalten. Bei Baumwolle, einem der krassesten Beispiele für den negativen Einfluss von Dumping auf afrikanische Bauern, gebe es keine Fortschritte. Gleichzeitig werde der Druck auf Entwicklungsländer erhöht, sogar zu Lasten ihrer verarmten Bauern die Märkte zu öffnen.

Dem Oxfam-Bericht zufolge geben die Verhandlungen zu Industrie-Zöllen noch größeren Anlass zur Besorgnis. Im Falle einer Umsetzung der gegenwärtigen Vorschläge könnten in vielen armen Ländern ganze Industrien zerstört werden. Entwickelte Länder hätten darauf gedrängt, dass die Zölle in Entwicklungsländern stärker als in reichen Ländern gesenkt werden - in direktem Widerspruch zu den in Doha gemachten Versprechen, armen Ländern geringere Zollsenkungen zu erlauben.

In den Gesprächen über Dienstleistungen versuchten die reichen Länder, die Spielregeln zu ändern. Anstatt der in Doha beschlossenen "opt-in"-Methode (freiwillige Angebote) zu folgen, verlangten sie nun ein "Benchmarking" - eine Mindestverpflichtung von allen Mitgliedern hinsichtlich der Anzahl der Sektoren und des Grades der Öffnung, was armen Ländern eine verfrühte Liberalisierung aufzwingen könnte.

Für Entwicklungsländer wichtige Belange hingegen würden verdrängt, so Oxfam. "Es gab kaum Fortschritte im Festlegen von Details der versprochenen 'besonderen und differenzierten Behandlung' für arme Länder, neue WTO-Mitglieder werden genötigt, harte Beitrittsbedingungen zu akzeptieren und die Unterstützung für arme Länder bei der Implementierung existierender WTO-Abmachungen ist völlig unzureichend".

Zwar hätten die reichen Länder einigen Entwicklungsbelangen etwas Aufmerksamkeit geschenkt, wie z.B. "Entwicklungshilfe für den Handel", Handelserleichterung und Präferenzerosion, aber Oxfam ist besorgt, dass dieses "kleine Entwicklungspaket" die Entwicklungsländer dazu nötigen solle, auf anderen Gebieten schädliche Zugeständnisse zu machen.

"Damit diese Gespräche Erfolg haben, müssen die mächtigen Länder, angeführt von der EU und den USA, ihre Versprechen wahr machen und Entwicklung in den Mittelpunkt jeder einzelnen Vereinbarung stellen. Alles andere wäre ein Bruch der Doha-Deklaration. Der Ball ist eindeutig im Feld der reichen Länder", so Bloomer.

Der Bericht schließt mit der Einschätzung, dass die gegenwärtig vorliegenden Verhandlungsangebote nicht der Entwicklung dienten und "dass sie sogar mehr Schlechtes als Gutes bewirken könnten". "Wenn die jetzige Kompromisslosigkeit der reichen Länder anhält, werden die Handelsgespräche scheitern oder Entscheidungen zumindest bis weit ins nächste Jahrzehnt aufgeschoben. Das schlimmste Ergebnis wäre ein schlechtes Abkommen, das auf lange Zeit Handelsregeln in Stein meißelt, die Entwicklung behindern. Einem solchen Deal sollten die armen Länder nicht zustimmen müssen."

Leider seien die möglichen Alternativen zu einem Abkommen in der WTO für die Entwicklungsländer ebenso unattraktiv, räumt Oxfam ein. "Regionale und bilaterale Handelsabkommen mit der EU und den USA bedeuten für die Entwicklungsaussichten ein noch größeres Risiko."

? Oxfam-Bericht "Blood on the floor - How rich countries have squeezed development out of the WTO Doha negotiations"

? Oxfam


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