gfbvGöttingen. - Deutschlands Werben um die Gunst Marokkos stößt bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf Kritik. "Menschenrechte in Nordafrika dürfen nicht zum Kollateralschaden europäischer Flüchtlingspolitik werden", warnte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Wochenende anlässlich des Besuches zweier Bundesminister in Marokko.

"Wenn die Rücknahme abgelehnter Asylbewerber in den Vordergrund der Beziehungen zu Marokko rückt, bedeutet dies nichts Gutes für eine friedliche Lösung des seit mehr als 40 Jahren andauernden Westsahara-Konfliktes. Denn die EU droht in der Westsahara-Frage wichtige völkerrechtliche Positionen aufzugeben, da sie immer erpressbarer wird", sagte Delius. Am Freitag hatte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) Gespräche zur Migrationspolitik in Rabat geführt. Am Sonntag war Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in dem Königreich zu Besuch. Trotz schwerer Menschenrechtsverletzungen in der Westsahara war Marokko im Februar zum "sicheren Herkunftsland" erklärt worden.

Wie gefährlich der neue "Schmuse-Kurs" mit dem nordafrikanischen Staat werden könne, zeige die am letzten Donnerstag von Marokkos Ministerpräsident Abdelilah Benkirane verkündete Einfrierung der diplomatischen Kontakte mit der EU, so die GfbV. "Marokkos Regierung zeigt mit dieser Maßnahme, wie wenig Respekt sie gegenüber Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung hat", erklärte Delius. "Denn es war weder die EU-Kommission, noch der Rat der Europäischen Union, sondern die europäische Gerichtsbarkeit, die das Königreich verärgert hatte. So hatte der Europäische Gerichtshof am 10. Dezember 2015 ein im März 2012 in Kraft getretenes Freihandelsabkommen über den Austausch von Agrarprodukten annulliert. Das höchste europäische Gericht hatte das Abkommen für ungültig erklärt, weil es die Westsahara mit umfasste, deren Status völkerrechtlich umstritten ist. Menschenrechtsorganisationen und zahlreiche Staaten gehen davon aus, dass sie völkerrechtswidrig von Marokko besetzt ist, so dass die Nutzung ihrer Ressourcen engsten Auflagen unterliegt."

Bei Müllers Gesprächen ging es auch um den Ausbau der Nutzung von Wind- und Sonnenenergie, an dem Deutschland bereits maßgeblich beteiligt ist. "Mit Sorge verfolgen wir, dass Marokko auch in der besetzen Westsahara neue Wind- und Sonnenenergie-Projekte mit Beteiligung deutscher Firmen plant", sagte Delius.

Ob das von Deutschland versprochene Engagement bei der Berufsbildung die Migration verhindern könne, sei bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 40 Prozent fraglich. "Das Königshaus muss sich fragen lassen, was es selbst unternimmt, um Armut und Hoffnungslosigkeit zu bekämpfen. Kontrolliert König Mohammed VI. doch mit zahlreichen Holdings einen Großteil der Wirtschaft des Landes", sagte Delius. Nach dem Forbes-Magazin gelte er mit einem geschätzten Privatvermögen von 5,7 Milliarden US-Dollars als reichster Mann Marokkos.

Quelle: www.gfbv.de 


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