Manaus. - Nach jahrelanger rückläufiger Tendenz hat die Zerstörung des tropischen Regenwaldes in Brasilien im vergangenen Jahr wieder zugenommen. Ein Grund dafür ist das Staudammprojekt am Fluss Tapajós im Amazonas. Darauf haben Greenpeace und MISEREOR am Montag anlässlich des Internationalen Tages des Waldes hingewiesen.

So wurde nach Zahlen des brasilianischen Umweltministeriums zuletzt innerhalb eines Jahres eine Waldfläche vernichtet, die einem Gebiet von der doppelten Größe des Saarlandes entspricht. Etwa 20 Prozent des gesamten Regenwaldes im Land ist bereits verschwunden.

"Wir erkennen die Bemühungen der brasilianischen Regierung an, den Regenwald besser zu schützen", sagte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. "Dennoch müssen die Maßnahmen deutlich verstärkt und dürfen nicht durch Zugeständnisse etwa an Agrarkonzerne oder Industrie verwässert werden." So werden laut MISEREOR  im brasilianischen Parlament derzeit Änderungen der Verfassung sowie Gesetzentwürfe debattiert, die es Agrarproduzenten ermöglichen sollen, Landkonzessionen für indigene Territorien und die Erlaubnis zum Abbau der dort vorhandenen Bodenschätze zu erhalten. Die Regierung unternehme zudem nicht genügend gegen die auch von Staatsvertretern geduldete Praxis, nach behördlich genehmigter punktueller Entnahme wertvollen Holzes in einem zweiten Schritt große Teile der umliegenden Flächen illegal zu schlagen.

Gegen das Staudammprojekt am Fluss Tapajós haben bereits am Samstag Mitglieder der indigenen Gemeinschaft der Munduruku zusammen mit Greenpeace-Aktivisten protestiert. Dort plant die brasilianische Regierung eine Reihe von Staudämmen, die Umwelt und Heimat der Munduruku bedrohen. "Energie zu derart hohen Kosten für Mensch, Umwelt und Klima zu erzeugen, ist moralisch nicht vertretbar. Wir fordern gemeinsam mit den Munduruku die brasilianische Regierung auf, das Genehmigungsverfahren zu stoppen und auf vorhandene saubere Alternativen wie Energie aus Sonne und Wind zu setzen", sagte Jannes Stoppel, Waldexperte von Greenpeace und derzeit vor Ort im Amazonas.

Mehr als 40 Staudämme hat die brasilianische Regierung für das Tapajòs-Becken vorgesehen, einige in der konkreten Planungsphase. Für den mehr als sieben Kilometer breiten São Luiz do Tapajós-Damm, der als erstes gebaut werden soll, würde ein 729 Quadratkilometer großes Staubecken entstehen – eine Fläche etwa so groß wie Hamburg. Das bedeutet die Zerstörung von riesigen Urwaldflächen, zahlreichen Seen und Inseln. Das Tal des Tapajós gilt als eines der artenreichsten im Amazonas-Regenwald – Jaguar,  Flussdelfine, Seekühe sowie hunderte Fisch- und Vogelarten sind hier zu finden.

MENSCHENRECHTE WERDEN IGNORIERT

Außer Acht gelassen wurden bei der vorangegangen Umweltverträglichkeitsprüfung vor allem auch die Auswirkungen auf die in der Region lebenden Menschen. Für den Damm würde die Heimat der indigenen Gemeinschaft der Munduruku geflutet und ihre Fischgründe und heiligen Stätten zerstört werden. „Fluss und Wald sind unser zu Hause und unsere Lebensgrundlage – mit dem Bau dieses Dammes nimmt man uns beides”, sagte Juarez Saw Munduruku, Oberhaupt der Munduruku aus Sawre Muybu. Rund 12.000 Munduruku leben in der Region des Tapajós, einem der letzten unberührten Nebenflüsse des Amazonas.

"Noch befindet sich das Dammprojekt in einem frühen Stadium eines Genehmigungsprozesses, der genauso ernsthafte Mängel aufweist wie zuvor das Belo Monte-Staudammprojekt. Dieses ist mittlerweile Teil der größten Korruptionsermittlung in Brasilien – daraus muss die brasilianische Regierung Lehren und früh genug die Notbremse ziehen“, sagte Stoppel.

Auch Erzbischof Burger hat sich vor wenigen Wochen persönlich ein Bild von den Auswirkungen großer Staudammprojekte in Amazonien gemacht. Würden alle geplanten Dämme realisiert, wäre laut offiziellen staatlichen Stellen eine Fläche von 9375 Quadratkilometern überflutet. "Der Errichtung dieser Bauwerke inklusive der umliegenden Infrastruktur fallen ebenfalls große Waldflächen zum Opfer. Das ist mit Blick auf die Folgen der Rodungen für die brasilianische Bevölkerung, aber auch das Weltklima, nicht zu verantworten." Schon heute führe die Entwaldung zu teils drastischen Konsequenzen für den Wasserhaushalt des Landes.

Quellen: http://www.greenpeace.de / https://www.misereor.de


Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.