misereorCebu City. - Zum internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai hat MISEREOR auf die zentrale Rolle von konfliktsensiblem Journalismus in Krisengebieten aufmerksam gemacht. "Berichterstattung kann in Konfliktgebieten viel Schaden anrichten, wenn sie unausgewogen und nicht sensibel für die Hintergründe und Dynamiken des Konfliktes ist. Wir beobachten dies in vielen Ländern, die unter Gewalt leiden. Die Berichterstattung philippinischer Medien zum Konflikt auf Mindanao ist ein besonders prägnantes Beispiel", sagte Elmar Noé, Länderreferent für die Philippinen bei MISEREOR am Freitag.

In Mindanao kämpfen in einem der längsten noch andauernden Konflikte Südostasiens seit über 40 Jahren die philippinische Armee und verschiedene muslimische bewaffnete Gruppen miteinander.

Kolonialisierung durch Spanien und die Ansiedlung christlicher Siedler durch die philippinische Regierung hatten dazu geführt, dass die in vorkolonialer Zeit regierende muslimische Bevölkerungsgruppe ihre Selbstbestimmungsrechte verloren hat. Seit über 40 Jahren führen Teile der Muslime in Mindanao nun einen bewaffneten Kampf gegen die Regierung, um diese Selbstbestimmungsrechte zurückzubekommen. Folgen für die Bevölkerung sind Verarmung, Vertreibung und ein tief sitzendes Misstrauen der muslimischen, christlichen und indigenen Bevölkerungsgruppen gegeneinander. Familienclans und Warlords nutzen die Situation, um ihre wirtschaftliche und politische Macht zu sichern. Ein vielversprechender Friedensprozess ist in Gefahr, da es Lobbygruppen gelungen ist, die Abstimmung im philippinischen Parlament über das Abschlussdokument zu verhindern.

BEZAHLTE BERICHTERSTATTUNG

Die gescheiterte gesetzliche Verankerung der Friedensvereinbarung hätte den Muslimen weitgehende Autonomie eingeräumt. "Teile der politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes sehen Forderungen nach mehr Selbstbestimmung der muslimischen Bevölkerung in Mindanao jedoch als Bedrohung ihrer ökonomischen und machtpolitischen Interessen. Sie nutzen daher ihren Einfluss, um ein Autonomieabkommen zu verhindern. Hierbei spielen die öffentliche Meinung und die Medien eine wichtige Rolle", erklärte Noé.

Die Medienlandschaft auf den Philippinen ist von hartem Wettbewerb geprägt. Journalisten sind schlecht bezahlt, viele schlecht ausgebildet, und nicht wenige bessern ihr Gehalt über parteiische Berichterstattung auf, ohne sich über die Konsequenzen bewusst zu sein oder Gedanken zu machen. Darüber hinaus bedingE der Konkurrenzdruck, dass mehr über Konflikte als über Frieden berichtet wird.

"Nachrichten sind ein Geschäft, sie müssen brandaktuell sein. Anschläge oder Gefechte verkaufen sich gut und schaffen es daher leicht in die Schlagzeilen, getreu dem Motto 'If it bleeds, it leads'. Die Erklärung der Konfliktursachen ist dagegen komplex, Friedensprozesse sind langwierig und bürokratisch", sagte Karlon Rama vom Peace and Conflict Journalism Network (PECOJON), einer Partnerorganisation MISEREORs auf den Philippinen. "Auch in Deutschland ist das ein Problem für alle, die die Erfolge ziviler Konfliktbearbeitung öffentlich bekannt machen wollen", bestätigte Noé.

GEFÄHRDUNG VON JOURNALISTEN

"Die sensationsheischende Berichterstattung ist journalistisch fragwürdig, denn sie ist stark vereinfachend und unausgewogen", so Rama weiter. Zudem bestätige sie die in der Bevölkerung bestehenden Vorurteile gegenüber der jeweils anderen Gruppe und schüre Ängste.

"Durch die Verwendung emotional besetzter  Begriffe wie 'Massaker' und 'Terroristen' transportiert die Darstellung des Konfliktes eine Wir-gegen-sie-Wahrnehmung mit Helden auf der einen und Barbaren auf der anderen Seite".

Diese Art der Darstellung trägt dazu bei, dass sich einzelne Konfliktparteien unfair behandelt fühlen, die historischen Hintergründe und strukturellen Ursachen des Konfliktes ausgeblendet werden. Der Konflikt wird weiter angeheizt. In einem Klima der Straflosigkeit mit einer Vielzahl politischer Morde und anderer Repressalien gegen Menschenrechtsaktivisten oder politische und wirtschaftliche Rivalen, wie es die Philippinen kennzeichnet, werden durch diese Berichterstattung auch Journalisten zur Zielscheibe von Angriffen. Die Philippinen gehören zu den Ländern mit den meisten Journalistenmorden weltweit.

KONFLIKTSENSIBLEN JOURNALISMUS STÄRKEN

PECOJON setzt sich in diesem Kontext für ausgewogene Berichterstattung ein und bietet landesweit Trainings in konfliktsensiblem Journalismus an. "Dabei geht es nicht um Lobbyarbeit für den Frieden, welche die teilenden Faktoren eines Konfliktes ausblendet und nur über friedensfördernde Maßnahmen berichtet.

Dann würden Journalisten erneut darin bestärkt, Ereignisse unausgewogen darzustellen und Informationen nicht zu hinterfragen", so Rama. Vielmehr gehe es darum, dass die Journalisten sich ihrer Verantwortung als Meinungsmacher bewusst werden und den Konflikt stets in seinen historischen Kontext einordnen.

Um eine alternative Berichterstattung zu stärken, bietet der MISEREOR-Partner zudem bald eine Medienplattform an, auf der Journalisten ihre Artikel ungekürzt und unredigiert veröffentlichen können. "Konfliktsensibler Journalismus kann die Ursachen von Gewalt begreifbar und die Interessen und Bedürfnisse hinter bestimmten Positionen nachvollziehbar werden lassen. So wird ein bedeutender Beitrag zum Abbau von Vorurteilen, zu Verständnis und friedlicher Koexistenz geleistet", ist sich Rama sicher.

Quelle: misereor.de


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