Berlin. - Zwangsumsiedlungen, Gewalt und Morde: Auch zwei deutsche Konzerne tragen laut Oxfam und GegenStrömung eine Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von Wasserkraftprojekten in Honduras, Brasilien, Kolumbien und China. Die beiden Menschenrechtorganisationen haben die Studie "Schmutzige Geschäfte mit Wasser" am Dienstag in Berlin vorgestellt.

Das Hintergrundpapier dokumentiert die Rolle der beiden deutschen Konzerne Siemens und Voith im Zusammenhang mit mehreren umstrittenen Wasserkraftprojekten. Die Firmen weisen laut Oxfam, wie zuletzt beim Mord an der international bekannten Aktivistin Bertá Cáceres, jedwede Verantwortung von sich und verletzen damit ihre Sorgfaltspflichten aus den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Oxfam und GegenStrömung fordern Siemens und Voith auf, ihre Zuschauerrolle abzulegen und alles zu tun, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu verhindern.

Staudammprojekte stoßen häufig auf Widerstand, weil Menschenrechte verletzt, Menschen ermordet, Existenzgrundlagen durch Zwangsumsiedlungen zerstört oder wertvolle Ökosysteme überschwemmt werden, berichten Oxfam und GegenStrömung Ein wichtiger Akteur in diesem Geschäft ist Voith Hydro mit Firmensitz in Heidenheim, das zu den weltweit führenden Konzernen für die Lieferung von Staudamm-Turbinen gehört.

An diesem Joint Venture hält Voith 65 Prozent und Siemens 35 Prozent. Auf Vorwürfe reagiere Voith regelmäßig mit dem Verweis auf seine Rolle als bloßer Zulieferer und auf die Vorteile für die Stromversorgung und den Klimaschutz. Siemens erklärt sich für nicht zuständig, weil sie nicht Teil des Konsortiums seien und nur eine Beteiligung von 35 Prozent an Voith Hydro hielten.

"Das sind billige Ausflüchte. Siemens und Voith verhalten sich wie Pontius Pilatus, der seine Hände bekanntlich auch in Unschuld waschen wollte. Das ist fahrlässiges Risikomanagement in punkto Menschenrechte und hat leider Methode", kritisierte Marita Wiggerthale, Oxfams Expertin für Landrechte.

VERLETZUNG DER MENSCHENRECHTLICHEN SORGFALTSPFLICHT

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beschreiben, wie Unternehmen ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte gerecht werden sollten. Sie gilt für die gesamte Geschäftstätigkeit. Die Argumente von Siemens und Voith halten einer Überprüfung hinsichtlich ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nicht stand.

So habe Voith Hydro im Falle des Agua-Zarca-Staudammprojekts in Honduras keine menschenrechtliche Risikoanalyse durchgeführt und reagierte nicht einmal, als es Kenntnis von massiven Menschenrechtsverletzungen erhielt. Auch Siemens hätte reagieren müssen, als es von den Projekten und den Geschäftsbeziehungen seines Beteiligungsunternehmens erfuhr.

"Auch wer wegsieht, macht sich schuldig. Mit ihrer Untätigkeit missachten Siemens und Voith weithin anerkannte internationale Standards zu Wirtschaft und Menschenrechten", kritisierte Staudammexperte Christian Russau von GegenStrömung.

HINTERGRUND

Aktuellstes Beispiel für die Missachtung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht durch Siemens und Voith sind Vorfälle im Zusammenhang mit dem Staudammprojekt Agua Zarca in Honduras. Gegen den Bau hatte sich jahrelang die indigene Menschenrechtsorganisation COPINH gewehrt, weil das Projekt den Zugang zum Fluss Gualcarque gefährdet. Im März wurde die mit dem renommierten Goldman-Umweltpreis ausgezeichnete Aktivistin Bertá Cáceres ermordet und ihr Mitstreiter Nelson García von Sicherheitskräften im Zusammenhang mit einem dortigen Landkonflikt erschossen.

Weitere Fälle sind der Hidrosogamoso-Staudamm in Kolumbien. Zwischen 2009 und 2014 wurden sechs Staudammgegner ermordet, weitere Menschen verschwanden spurlos. Beim Belo-Monte-Staudamm in Brasilien wurde der indigenen Bevölkerung das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung verweigert, mehr als 20.000 Menschen sollen zwangsumgesiedelt werden, beim Drei-Schluchten-Damm in China waren es sogar 1,3 Millionen Menschen.

MENSCHENRECHTLICHE VERANTWORTUNG VON UNTERNEHMEN GESETZLICH REGELN

Staudammprojekte sind nur ein Beispiel von vielen. Immer wieder zeigt sich, dass freiwillige Selbstverpflichtungen von Konzernen nicht ausreichen, um den internationalen Menschenrechtsschutz zu gewährleisten. Oxfam und GegenStrömung fordern deshalb eine gesetzlich verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflicht für Unternehmen. Derzeit erarbeitet die Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan "Wirtschaft und Menschenrechte", mit dem sie zeigen kann, wie ernst sie es mit dem Menschenrechtsschutz meint.

=> Schmutzige Geschäfte mit Wasser 

Quelle: oxfam.de


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