tag der indigenenBerlin. - Anlässlich des Internationalen Tages der indigenen Völker (9. August) haben Menschenrechtsorganisationen am Dienstag auf die besorgniserregende Situation vieler indigener Gemeinschaften hingewiesen. Unter anderem in Lateinamerika werden individuelle und kollektive Rechte von Indigenen, darunter das Recht auf Nahrung, systematisch verletzt, so FIAN. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat auf die Bedrohung durch den Klimawandel aufmerksam gemacht.

"Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas stirbt einen langsamen, aber sicheren sozialen und kulturellen Tod. Hierfür ist in erster Linie der fehlende Zugang zu ausreichenden Land-Ressourcen verantwortlich", so Almudena Abascal, Lateinamerika-Referentin von FIAN Deutschland. FIAN fordert die Regierungen auf, ihren nationalen und internationalen Verpflichtungen nachzukommen und den Schutz indigener Völker zu garantieren.

Gerade in Lateinamerika habe sich die Situation vieler indigener Gruppen in den vergangenen Jahren deutlich verschärft: der Raubbau der natürlichen Ressourcen - ohne Beachtung des Willens und der Bedürfnissen von Indigenen - und die massive Expansion des Agribusiness bedrohen ihr nacktes Überleben. Vielerorts mussten indigene Territorien großen landwirtschaftlichen Nutzflächen weichen, meist für Soja-, Palmöl- und Zuckerrohr-Plantagen oder für die Viehzucht.

Der explosionsartig wachsende Einsatz gefährlicher Pestizide zerstört zudem die Biodiversität und führt ebenfalls zur Vertreibung indigener Gemeinden. Gewaltsame Auseinandersetzungen bei Räumungen sowie systematische Repression und Kriminalisierung indigener Völker und Landrechteverteidiger sind weitere Merkmale des anhaltenden Verdrängungs-Prozesses.

Unter den Ureinwohnern oder ihren Tieren könnten Krankheiten ausbrechen, die bislang unbekannt sind oder als überwunden gelten wie der oft tödlich verlaufende Milzbrand in Westsibirien, warnte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor Folgen des Klimawandels. „Die Industrienationen sind für die rasante Beschleunigung der Erderwärmung verantwortlich. Deshalb müssen sie auch den indigenen Gemeinschaften, die erste Opfer des Klimawandels werden, schnelle Hilfe anbieten“, fordert die GfbV. Ureinwohner leben häufig in ökologisch sensiblen Rückzugsgebieten, in denen besonders gravierende Auswirkungen des Klimawandels befürchtet werden. Zudem leiden sie vielerorts ohnehin schon unter unzureichender medizinischer Versorgung. Auch deshalb liegt die Lebenserwartung der Ureinwohner meist weit unter dem Durchschnitt der Mehrheitsbevölkerung.

Weltweit gibt es nach Angaben der GfbV rund 5.000 indigene Völker mit etwa 450 Millionen Angehörigen. Ihr Überleben ist in vielen Ländern auch durch skrupellose Großgrundbesitzer, ehrgeizige Projekte zur Öl-, Gas- und Kohle-Förderung, die Errichtung von Staudämmen, die Ausbeutung wertvoller Bodenschätze, rücksichtslosen Holzeinschlag, aber auch Drogenschmuggel und Bürgerkrieg bedroht.

In Westsibirien ist Ende Juli aufgrund einer ungewöhnlichen Hitzewelle mit Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius zum ersten Mal seit 1941 Milzbrand ausgebrochen. Ein zwölfjähriger Junge vom Volk der Nenzen erlag bereits der Infektionskrankheit. Viele andere Angehörige seines Volkes sind ebenfalls erkrankt. Rund 90 befinden sich in Quarantäne. Auch mehr als 2.000 Rentiere starben an der Krankheit und durch die Hitze. Kurz zuvor waren in Schweden ebenfalls mehrere Tiere an Milzbrand verendet. Dabei wird von einem ähnlichen Ursprung wie auf der Jamal-Halbinsel ausgegangen.

"Es ist nicht auszudenken, welche gesundheitlichen Risiken für Mensch und Tier noch im auftauenden Permafrostboden schlummern", sagte die GfbV-Referentin für indigene Völker, Yvonne Bangert. "Ureinwohner sind als Nomaden, Jäger und Sammler oder Garten-bauer besonders auf eine intakte und saubere Umwelt angewiesen. Sie verlieren ihre Existenzgrundlage, wenn die Natur aus dem Gleichgewicht gerät. Jede Kultur und Lebensweise, die zerstört wird und untergeht, ist ein großer Verlust für die gesamte Menschheit."

Auch in den Tropen sind indigene Gemeinschaften durch den Klimawandel neuen Krankheiten ausgesetzt wie beispielsweise das Zika-Virus oder Malaria, die von Stechmücken übertragen werden. Einige Forscher befürchten, dass sich der Lebensraum von Mücken durch Regenwaldabholzung und Klimaerwärmung ausweiten könnte. Durch die Erderwärmung erschließen sich ihnen neue Regionen auch in höheren Lagen, die bisher zu kalt waren. Wärmeres Klima bedeutet allgemein eine höhere Überlebenschance für Stechmücken.

Quellen: gfbv.de / fian.de


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