nothilfe aethiopienBerlin. - Wegen des anhaltenden Konflikts mit Boko Haram leiden immer mehr Menschen in Westafrika unter Hunger. Laut aktueller Bedarfsanalysen sind inzwischen mehr als sechs Millionen Menschen betroffen. Darauf haben am Freitag 15 in der Region tätige Hilfsorganisationen, darunter Aktion gegen den Hunger, Oxfam und Plan International, hingewiesen.

Der aktuelle Spendenaufruf der Vereinten Nationen veranschlagt einen Finanzbedarf in Höhe von 559 Millionen US-Dollar bis zum Ende des Jahres, um die Betroffenen mit humanitärer Hilfe zu unterstützen. Die Hilfsorganisationen berichten, dass sie dringend mehr Geld für Hilfsmaßnahmen benötigen, um zumindest diejenigen Betroffenen zu unterstützen, die in den erreichbaren Gebieten leben.

VERSORGUNG VON ÜBER SECHS MILLIONEN MENSCHEN GEFÄHRDET

In bestimmten Gebieten im Nordosten Nigerias leiden nach Angaben der Hilfsorganisationen mehr als 65.000 Menschen unter extremem Hunger. Mehr als eine weitere Million stehen kurz davor, ebenfalls in extremen Hunger abzugleiten. In den vier betroffenen Ländern Nigeria, Niger, Tschad und Kamerun ist die Nahrungsversorgung von insgesamt 6,3 Millionen gefährdet, davon 4,4 Millionen allein in Nigeria.

Auf der UN-Generalversammlung diskutieren die teilnehmenden Regierungen prominent das Thema Flucht und Vertreibung. Doch Binnenvertriebene, also Menschen auf der Flucht, die aber in dem Land bleiben, aus dem sie stammen, kommen in dieser Diskussion kaum vor. Mit 2,6 Millionen Binnenvertriebenen ist die Situation in der Tschadsee-Region die sich am schnellsten ausweitende Vertreibungskrise in Afrika und sollte deswegen bei den Gesprächen in New York eine deutlich größere Rolle spielen.   

Yannick Pouchalan, Landesdirektor in Nigeria von Aktion gegen den Hunger,sagte: "Wir sehen, dass Familien sich am Rand einer Hungersnot bewegen. Wenn Hilfsorganisationen die Bevölkerung in bestimmten Gebieten, die militärisch abgeriegelt sind, nicht erreichen können, werden wir es bald mit einer noch viel größeren Katastrophe zu tun bekommen. Viele der Neuankömmlinge in den Camps sind stark unterernährt. Es gibt Familien, die seit mehreren Tagen gar nichts gegessen haben, die um Nahrung betteln. Wenn sich die Situation weiter verschlechtert, werden viele Menschen sterben."

In einigen Gebieten von Borno, dem nordöstlichsten Bundesstaat Nigerias, sind  durchschnittlich 50 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt. Das ist vergleichbar mit Werten, wie es sie auch bei der Hungersnot in Somalia 2011 gegeben hat.

Der Kampf des nigerianischen Militärs gegen Boko Haram hat unter anderem zur  Folge, dass Teile des Krisengebiets weiträumig abgeriegelt wurden, obwohl diese Gebiete mit ihrem Ackerland und mit Flüssen und Seen die wichtigste Lebensgrundlage für dort ansässige Bevölkerungsgruppen sind. Lokale Märkte mussten schließen, und wichtige Transportmittel wie Motorräder wurden verboten, was die Menschen von Einkommensmöglichkeiten abschneidet.

Lisa Bay, Einsatzleiterin von Oxfam in der Tschadsee-Region erklärte dazu: "Die Bevölkerung zahlt einen hohen Preis für die Militärtaktik, Boko Haram von seinem Nachschub abzuschneiden. Die Zivilbevölkerung im betroffenen Gebiet sollte nicht daran gehindert werden, Anbau auf ihren Feldern zu betreiben, zu fischen oder ihre Produkte auf den Märkten zu verkaufen. Wir erleben hier eine unglaubliche Solidarität unter der Bevölkerung, die Vertriebene großzügig aufnimmt. Aber die Gastfamilien haben inzwischen selbst nichts mehr, was sie mit den Vertriebenen teilen könnten."

Die 15 Hilfsorganisationen erklären, dass sie zusammengenommen in Nigeria über 143 Millionen US-Dollar bis zum Ende des Jahres benötigen, um lebenswichtige Hilfe wie Nahrung, Wasser und Notunterkünfte bereitzustellen. Bislang ist es schwierig, die Hilfsgelder im benötigten Umfang zu mobilisieren, um die Aktivitäten in der Region entsprechend ausweiten zu können.

Die Organisationen appellieren, aus anderen humanitären Langzeitkrisen zu lernen, die sich mit ausschließlich kurzfristigen Lösungen nicht in den Griff bekommen lassen. Die Geflüchteten können  in solchen Fällen nicht in ihre Heimatdörfer zurückkehren, in der Hoffnung, dass sie dort ihr normales Leben wieder aufnehmen. Nötig ist deshalb eine robuste Finanzierung für humanitäre Hilfsmaßnahmen über mehrere Jahre, sowohl für die Projekte der internationalen Helfer als auch für die nationalen und lokalen Organisationen, die bei der Hilfe eine wesentliche Rolle spielen. Nur dies kann sicherstellen, dass angemessen und im Sinn der Betroffenen reagiert werden kann.

Quelle: oxfam.de


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