gfbv 200Göttingen. - Kurz vor dem Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Mali hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mehr politisches Engagement für Frieden in dem westafrikanischen Staat und ein schlüssiges Gesamtkonzept für den dortigen Bundeswehr-Einsatz gefordert. "Händeschütteln mit Soldaten ersetzt kein Konzept für eine dauerhafte Stabilisierung des Landes und für einen nachhaltigen Frieden", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen.

"Deutschland engagiert sich immer stärker militärisch in Mali. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erwägt sogar, deutsche Helikopter zu entsenden, wenn die Niederlande Anfang 2017 ihre Hubschrauber abziehen. Wir vermissen jede transparente Überprüfung des bisherigen Engagements und einen glaubwürdigen Plan, wie der Einsatz auch wieder beendet werden kann."

Aktuelle Zahlen belegen, laut GfbV, dass der Mali-Einsatz immer gefährlicher wird und sich die Sicherheitslage im Norden und im Zentrum des Landes in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert hat, so die GfbV. Durchschnittlich wurden seit Beginn des Sommers 2016 alle anderthalb Tage UN-Soldaten oder malische Truppen angegriffen. Seit dem 20. Juni wurden Soldaten der UN-Friedenstruppe MINUSMA 29 Mal angegriffen. Dabei wurden 15 Blauhelmsoldaten getötet und 37 verwundet. Malis Soldaten wurden in diesem Zeitraum 43 Mal angegriffen, 58 Armeeangehörige starben und 83 Soldaten wurden verletzt. Insgesamt gilt die MINUSMA, an der Deutschland mit 432 Soldaten, Militärexperten und Polizisten beteiligt ist, als der gefährlichste Einsatz in der UN-Geschichte. Seit Beginn der Mission im Juli 2013 wurden 108 Angehörige der MINUSMA getötet.

Die meisten Angriffe werden von islamistischen Extremisten verübt. Malis Armee gibt dabei ein so klägliches Bild ab, dass vollkommen unklar ist, wann und ob sie das Land jemals alleine verteidigen kann. Nachdem Islamisten eine ganze Stadt eingenommen hatten, wurde Verteidigungsminister Tiéman Hubert Coulibaly am 3. September 2016 seines Amtes enthoben. "Es stellt sich die Frage, wie effektiv die EU-Ausbildungsmission (EUTM) ist, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist. Sie hat zwar inzwischen fast die ganze Armee Malis fortgebildet, wirksamer schützen kann sie ihre Bevölkerung jedoch trotzdem nicht", kritisierte Delius.

In dem Vielvölkerstaat fühlen sich nach Einschätzung der GfbV vor allem Tuareg und Peulh benachteiligt. Seit Beginn der 90er-Jahre gab es immer neue bewaffnete Aufstände vor allem der Tuareg, die aber auch untereinander zerstritten sind. In den vergangenen Monaten eskalierte die Sicherheitslage in den von Peulh bewohnten Regionen im Zentrum des Landes ebenfalls, weil immer mehr Peulh aus Verärgerung über die Regierung zu den Waffen griffen. Die ständigen Kämpfe und islamistischen Übergriffe haben die Wirtschaft massiv getroffen und kriminelle Banden stark wachsen lassen. Die Lage der Zivilbevölkerung ist desolat. Rund 180.000 Kinder leiden unter Mangelernährung. Zwar wurde zwischen der Regierung und Tuareg-Gruppen im Juni 2015 ein Friedensabkommen für Nord-Mali abgeschlossen, aber es wird nur schleppend umgesetzt, kritisiert die GfbV.

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