gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat eine unabhängige und transparente Untersuchung des versehentlichen Bombardements eines Flüchtlingslagers in Nigeria gefordert, nachdem immer neue und erschreckendere Opferzahlen des Luftangriffs bekannt wurden. Zuvor hatte der Kreisdirektor des betroffenen Bezirks, Babagana Malarima, erklärt, nach dem Angriff auf das Flüchtlingslager seien 234 Menschen auf Friedhöfen in der Stadt Rann bestattet worden.

"Sollten diese Angaben zutreffen, dann ist die Zahl der Todesopfer des versehentlichen Luftangriffs mehr als doppelt so hoch als zunächst vermutet. Dies erklärt, warum Nigerias Luftwaffe bislang wenig Bereitschaft zeigt, die Hintergründe umfassend zu untersuchen und die für das Bombardement Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen. Die Menschenrechtsorganisation forderte auch, dass den Angehörigen der Getöteten schnell und unbürokratisch geholfen werde und sie umfassend entschädigt werden.

Babagana Malarima ist Kreisdirektor des Bezirks Kala Balge, in dem die Stadt Rann gelegen ist. Ein Kampflugzeug der nigerianischen Luftwaffe hatte am 17. Januar versehentlich zwei Bomben auf ein am Rande der Stadt gelegenes Flüchtlingslager abgeworfen. Zunächst war vermutet worden, dass 50 bis 70 Menschen bei dem Bombardement zu Tode kamen.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Brigadegeneral Rabe Abubakar, hat nach Bekanntwerden der neuen Opferzahlen erklärt, es sei "nebensächlich", ob eine Person oder eine Million Menschen zu Tode gekommen seien. Entscheidend sei nur, dass dies alles Nigerianer seien und man müsse der Opfer gedenken. "Wer jetzt nur der Toten gedenkt und nicht endlich dem Schutz der Zivilbevölkerung im Kampf gegen die Terrororganisation Boko Haram mehr Vorrang einräumt, zieht keine Lehren aus dem fatalen Versagen der Streitkräfte Nigerias", erklärte Delius.

Die Zahl der zivilen Opfer bei den hunderten Luftangriffen von Nigerias Armee auf noch immer bewohnte Dörfer und mutmaßliche Stellungen von Boko Haram gilt bislang als die große Dunkelziffer im Antiterror-Kampf des westafrikanischen Landes, so die GfbV. Denn zumeist verweigerten die Behörden Hilfsorganisationen, Journalisten und Menschenrechtlern den Zugang zu den umkämpften Gebieten. Von Zivilisten würden Nigerias Sicherheitskräfte wegen ihrer Willkür meist genauso gefürchtet wie die Boko-Haram-Kämpfer.

Quelle: www.gfbv.de 


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