bfdwBerlin. -  Zum EU-Außenministertreffen am Montag in Brüssel hat Brot für die Welt davor gewarnt, dass die Europäische Union sehenden Auges schwere Menschenrechtsverletzungen in Kauf nimmt, wenn sie die Zusammenarbeit mit Libyen und Ägypten zur Schließung der Mittelmeerroute ausbaut, um Flüchtlinge und Migranten von Europa fernzuhalten.

"Die Zusammenarbeit mit Libyen beim Migrationsmanagement erspart der EU hässliche Bilder von kenternden Booten vor der eigenen Küste, die unser Menschenrechtsempfinden stören. Es erspart den Flüchtlingen aber nicht Bedrohungen für Leben, Würde und Rechte, da sie die auch in Libyen erleiden, wenn sie dort im Transit ‚hängen bleiben‘. Es bietet ihnen weder Schutz noch Perspektive", sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel von Brot für die Welt.

"Für Flüchtlinge ist auch Europa wie durch eine Mauer geschützt. Der Unterschied zur geplanten realen Mauer zwischen den USA und Mexiko ist aus Perspektive der Flüchtenden relativ." Nur für Europas Image mache es sich besser, dass die nordafrikanischen Staaten den Schutz von Europas Grenzen mit eigenen Leuten und Maßnahmen durchführen und sich das von Europa bezahlen lassen.

"Wenn die EU und wenn Deutschland wirklich als Retter der westlichen Werte – allen voran der Menschenrechte – auftreten und dadurch künftig glaubwürdig gegenüber menschenrechtsverletzenden Ländern agieren wollen, dann müssen sie endlich Flüchtlinge und nicht Grenzen schützen und ihnen Möglichkeiten zur Asylbeantragung geben, ohne ihr Leben dafür einsetzen zu müssen", so Füllkrug-Weitzel. An erster Stelle müsse sie dafür Sorge tragen, dass völkerrechtliche Standards beim Flüchtlingsschutz eingehalten werden.

Die Verstärkung der Zusammenarbeit mit Libyen war auch ein zentraler Punkt in der "Deklaration von Malta" der EU-Staats- und Regierungschefs von Ende vergangener Woche. Mit Staaten, wie Niger und Äthiopien, die ebenfalls eine sehr kritische Menschenrechtslage aufweisen, wurden bereits sogenannte "Migrationspartnerschaften" eingegangen mit demselben Ziel, Flüchtlinge vor der Weiterreise nach Europa abzuhalten. Verhandlungen über Asylzentren der Europäischen Union zum Beispiel in Ägypten zielen darauf, schon dort zu prüfen, wer als Flüchtling nach Europa kommen darf und wer nicht.

"In einer Militärdiktatur, die ihre eigene Zivilgesellschaft einschränkt, ist nicht von einem fairen Asylverfahren auszugehen. Auch praktisch stellen sich viele Fragen: Was soll beispielsweise mit denjenigen geschehen, denen die Weiterreise nach Europa verwehrt wird, die aber nicht in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden können?“ sagte Sophia Wirsching, Referentin für Migration und Entwicklung von Brot für die Welt. „Flüchtlinge müssen ihr Recht wahrnehmen können, in einem sicheren Staat Asyl zu suchen und ein faires Verfahren in Anspruch zu nehmen. Die EU kann diese Verantwortung nicht in unsichere Drittstaaten auslagern."

Die EU-Kommission hat erst vor kurzem weitere 200 Millionen Euro an zusätzlichen Unterstützungsgeldern für die nordafrikanischen Staaten vorgeschlagen. "Eine solche Unterstützung als ‚Fluchtursachenbekämpfung‘ zu legitimieren und mit Entwicklungsgeldern zu finanzieren ist Etikettenfälschung und Verharmlosung der wahren Fluchtursachen. Diese Finanzhilfen haben keinen anderen Zweck, als die Einreise von Flüchtlingen zu bekämpfen", so Füllkrug-Weitzel. Die Projekte des Migrationsmanagements in afrikanischen Ländern werden durch den EU-Trust Fund für Afrika finanziert, der 2015 in Valletta beschlossen wurde. "Entwicklungsgelder sollen nicht der Interessensdurchsetzung Europas dienen, sondern nachhaltige Entwicklung für alle ermöglichen und die globalen Ziele der Agenda 2030 verfolgen", sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel. Zusätzlich müsse in anderen Bereichen wie beispielsweise in der Klima-, Handels- und Rüstungspolitik so agiert werden, dass  Fluchtursachen grundlegend verringert würden.

Quelle: brot-fuer-die-welt.de