rogBerlin. - Zwölf Jahre nach der Liberalisierung des marokkanischen Fernseh- und Radiomarkts spielt der Staat immer noch eine Schlüsselrolle in der Medienlandschaft des nordafrikanischen Landes. Die Königsfamilie und einige Geschäftsleute sind zu wichtigen Medienunternehmern aufgestiegen. Das zeigen die Ergebnisse des Projekts Media Ownership Monitor (MOM), die Reporter ohne Grenzen (ROG) und der marokkanische Projektpartner Le Desk jetzt in Casablanca veröffentlicht haben. 

Die Ergebnisse sind ab sofort auf Englisch, Französisch und Arabisch unter http://maroc.mom-rsf.org abrufbar und stellen die erste umfassende Bestandsaufnahme des marokkanischen Medienmarkts einschließlich Hintergrundinformationen zu seinen Hauptakteuren und deren Interessen dar. 

Medieneigentümer mit politischem Einfluss spielen laut ROG insgesamt eine erhebliche Rolle: Neun der 36 Unternehmen hinter den beliebtesten landesweiten Nachrichtenmedien hätten direkte oder indirekte Verbindungen zum Staat, zur Regierung oder zur Königsfamilie. Vier davon – SOREAD, SNRT, EcoMedias und Horizon Presse – gehörten zu den umsatzstärksten Medienunternehmen Marokkos. Allein die Königsfamilie halte über ihre Holdinggesellschaft Société Nationale d’Investissement (SNI) Anteile an vier Medienunternehmen, darunter drei der fünf insgesamt reichweitenstärksten: Soread, EcoMedias und Radio Méditerranée Internationale.

Einige Unternehmer leisten sich nach den Recherchen von ROG unprofitable Printmedien, was Fragen nach ihren Motiven aufwerfe. So zählten zu den Besitzern von fünf der neun untersuchten französischsprachigen Tages- und Wochenzeitungen (Aujourd’hui le maroc, La Vie Eco, Les Inspirations Eco, La Nouvelle Tribune und l’Economiste) mehrere der reichsten Marokkaner. Zwei davon gehörten der aktuellen Regierung als Minister an: Aziz Akhannouch und Moulay Hafid Elalamy.

Auffällig ist dem Media Ownership Monitor zufolge auch die wichtige, aber intransparente Rolle des Werbemarkts, der staatlichen wie privaten Akteuren einen mächtigen Hebel an die Hand gebe, um Medien zu fördern oder zu sanktionieren. Daneben haben die MOM-Recherchen Defizite bei der Reichweitenmessung der Medien offengelegt.

"Die Ergebnisse zeigen, dass Medienvielfalt nicht automatisch Meinungspluralismus bedeutet", sagte Ali Amar, Chefredakteur des marokkanischen MOM-Partners Le Desk. "Unsere Untersuchung macht deutlich, dass wirtschaftliche und politische Interessen in besorgniserregender Weise in den marokkanischen Medienmarkt hineinspielen – zulasten von Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien."

Die dreimonatigen MOM-Recherchen konzentrierten sich ROG zufolge auf die 46 beliebtesten landesweiten Medien in Marokko und die 36 Unternehmen, denen sie gehören. Dabei sei deutlich geworden, dass mit den verschiedenen Mediengattungen unterschiedliche Arten von Eigentümern korrespondieren: Der Fernsehmarkt werde immer noch vom Staat dominiert, ergänzt durch die Königsfamilie und einige der reichsten Geschäftsleute Marokkos. Auch auf dem Radiomarkt spiele der Staat nach wie vor eine wichtige Rolle als Medienbesitzer, daneben hätten sich in den vergangenen zehn Jahren aber auch kleinere Unternehmen etabliert. 

Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de 


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