Zuckerr?ben-Ernte in der EUBerlin (epo.de). - Zum ersten Mal ist es in Deutschland gelungen, detaillierte Angaben über die Spitzenempfänger von EU-Agrarsubventionen zu erhalten. 14 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe erhalten nach Angaben der "Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen" zusammen mehr als die Hälfte aller Direktzahlungen, die in das Land NRW gehen. Die Liste der Großempfänger lese sich "wie das Who is Who des Hochadels", erklärte die Initiative.

Die Behörden in Nordrhein-Westfalen (NRW) gaben nach langem Zögern Anfragen der Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen sowie des Magazins "Stern" weitgehend statt. Damit sei NRW das erste und einzige Bundesland, das aufgrund eines Gerichtsurteils nach dem Informationsfreiheitsgesetz seiner Informationspflicht gegenüber den Steuerzahlern nachgekommen ist, so die Transparenz-Initiative. "Während jeder Hartz IV-Empfänger seine Vermögensverhältnisse offen legen muss, wird in Deutschland die Verteilung von jährlich 6,5 Milliarden Euro Agrarsubventionen wie ein Staatsgeheimnis behandelt", sagte Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace.

Erst ab 2009 - zu spät, um die jetzige Agrarreformdiskussion zu beeinflussen - sollen die Zahlungen für ganz Deutschland bekannt gemacht werden. "Die aktuellen Veröffentlichungen aus NRW zeigen, dass der gegenwärtige Verteilungsschlüssel vor allem Adelshäusern, Großbetrieben, und der Agroindustrie zugute kommt. Es ist höchste Zeit, dass auch alle anderen Bundesländer diese Zahlen offen legen", forderte Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. Auch der Veröffentlichung der Empfänger von Exportsubventionen stehe nach heutiger Rechtslage nichts im Wege.

Zu den Spitzenempfängern von Direktzahlungen im Jahr 2006 in NRW gehören der Stromkonzern RWE (471.644,77 Euro) sowie die Gutsbetriebe des Grafen von Westphalen (516.518,91 ?). Die weiteren Großempfänger lesen sich wie das Who is Who des Hochadels: Fürst Metternich-Ratibor/ Corvey, Freiherr von der Leyen und Graf von Nesselrode/Grevenbroich, Graf von Spee/Finnentrop, Freifrau von Spiegel/Willebadessen, Droste zu Vischering/Rosendahl, Freiherr von Twickel/Havixbeck.

"In Nordrhein-Westfalen erhalten 14 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe zusammen mehr als die Hälfte aller Direktzahlungen, die in das Land gehen. 68 Großbetriebe erhalten mehr als 100.000 Euro. Den überwiegenden Teil der Arbeitsplätze aber stellen die kleineren und mittleren Betriebe. Das muss endlich bei der Verteilung berücksichtigt werden, sonst wird weiterhin nur Flächenbesitz statt Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung gefördert", erklärte Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.

Am 20. November 2007 will die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine Reform der europäischen Agrarpolitik ab 2009/2010 vorstellen. Die Kommission hat angekündigt, Korrekturen bei den Direktzahlungen u. a. durch eine Staffelung der Zahlungen vorzusehen. Gerade die deutsche Bundesregierung habe jedoch bisher eine umfassendere Agrarreform ausgebremst und eine Staffelung der Zahlungen in Abhängigkeit von Betriebsgröße und Arbeitsplätzen verhindert, kritisierte die Transparenz-Initiative. Eine Strukturreform der Agrarsubventionen - weg von Zahlungen, die sich allein an der Hektargröße eines Betriebes orientieren und hin zu einer Förderung konkreter ökologischer und regionalwirtschaftlicher Leistungen - werde von der Bundesregierung abgelehnt.

"Wir fordern von Agrarminister Seehofer, die Vorschläge der EU-Kommission nicht länger zu blockieren, sondern dafür zu sorgen, dass Agrarsubventionen, statt für Großgrundbesitz, in Zukunft für Leistungen gezahlt werden, die gesellschaftlich erwünscht sind, wie rückstandsfreie Lebensmittel, Arten- und Klimaschutz", so Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Die "Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen" ist ein Zusammenschluss von 36 Organisationen aus den Bereichen Entwicklung, Umwelt, Verbraucherschutz, Tierschutz, bäuerliche Landwirtschaft und Demokratie & Transparenz.

Die Liste der Empfänger von Agrarsubventionen in NRW kann unter www.greenpeace.de oder www.wer-profitiert.de eingesehen werden.