Zyklon Nargis über MyanmarYangon/Berlin (epo.de). - Ein US-Militärtransporter mit Hilfsgütern für die Opfer des Zyklons und ein Hilfsflugzeug der Organisation Ärzte ohne Grenzen haben am Montag Yangon erreicht. Damit mehren sich die Anzeichen, dass die Militärjunta das Land stärker für ausländische Hilfe öffnet. Ein UN-Sprecher erklärte, bislang stünden jedoch nur rund zehn Prozent der benötigten Hilfe für die bis zu 1,9 Millionen hilfsbedürftigen Menschen bereit.

Die C 130 Transportmaschine der USA war in Thailand mit Hilfsgütern beladen worden und hatte von der Militärregierung die Landeerlaubnis für Yangon erhalten. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat jedoch erst eine halbe Million Menschen Zugang zu Hilfslieferungen. Der UN-Sprecher für humanitäre Einsätze, Richard Horsey, sagte, es sei "eine große Herausforderung", die Hilfsgüter in das von dem Sturm besonders schwer betroffene Irrawaddy Delta zu transportieren. Bislang stünden nur zehn Prozent der benötigten Mengen an Trinkwasser und Verpflegung für die notleidenden Menschen bereit.

Bis heute hätten zehn Hilfsflüge des Roten Kreuzes die myanmarische Hauptstadt erreicht, so das DRK. Sie brachten Zelte, Planen und weiteres Material für Notunterkünfte, Wasserkanister, Tabletten für Trinkwasserreinigung und Moskitonetze ins Land. Vom Flughafen würden die Hilfsgüter vom lokalen Roten Kreuz entweder direkt in die betroffenen Gebiete oder Lagerhallen gebracht. Ein ausländischer Logistikexperte unterstützt das Rote Kreuz in Myanmar bei dieser Arbeit. 17 weitere ausländische Experten seien derzeit im Land, um die Opfer der Zyklon-Katastrophe zu unterstützen. 

Die EU-Kommission begrüßte die Fortschritte beim Zugang humanitärer Hilfe in Birma. EU-Entwicklungshilfekommissar Louis Michel forderte aber eine weitere Öffnung des Landes. Der myanmarische Minister für Planung und wirtschaftliche Entwicklung, Soe Tha, dankte Medienberichten zufolge den Vereinten Nationen für ihre Hilfe. Die Hilfe werde angenommen, aber die Verteilung und die Rettungsarbeiten könnten nur von örtlichen Organisationen übernommen werden.

Unterdessen rief die myanmarische Oppositionsbewegung zu einer humanitären Intervention auf, falls die Militärs sich weiter weigerten, ausländische Hilfe und Helfer ins Land zu lassen. "It is time for humanitarian intervention", sagte der Sprecher der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), Nyan Win. "The government has failed to take the responsibility to help and save its own citizens."

Lian Sakhong, Generalsekretär einer Koalition ethnischer Minderheiten (Ethnic Nationalities Council), sagte gegenüber der in Thailand erscheinenden oppositionellen Zeitung "The Irrawaddy", eine humanitäre Intervention sei dringend nötig.

Die Regierung gab die Zahl der Todesopfer der Naturkatastrophe am Montag mit rund 28.500 und die der Vermissten mit rund 33.500 an. Internationale Hilfsorganisationen und Diplomaten gehen jedoch von rund 100.000 Toten aus.

CARE: DEUTLICH MEHR HILFE NÖTIG

CARE-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Jamann begrüßte die derzeitige Öffnung der Grenzen für Hilfe: "Wir werden die Hilfslieferungen und die Unterstützung aus dem Ausland nutzen. Gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm der UN (WFP) arbeiten wir auch in anderen Ländern eng zusammen." Allerdings seien "drei Maschinen heute (Montag) deutlich zu wenig. Wir benötigen erheblich mehr Hilfe, " so Jamann. Das Welternährungsprogramm erklärte, dass täglich bis zu 375 Tonnen an Lebensmitteln in den betroffenen Gebieten gebraucht würden. Derzeit würden aber nicht einmal 20 Prozent davon Myanmar erreichen.

Jamann berichtete in Bonn von den Einsatz-Teams, denen zufolge in dem Dorf Gaw Dui von 500 Einwohnern nur 80 überlebt haben. In Be Tut Village Tract im Laputta Township gab es vor dem Sturm eine Bevölkerung von 10.000 Menschen. "Dort wurden von vierzehn Dörfern zehn überschwemmt", so Jamann. "Und es gibt nur 1500 Überlebende." In der Stadt Pyin Se Lu hätten von 10.000 Bewohnern nur 500 überlebt.

ÄRZTE OHNE GRENZEN: 100 HELFER AM IRRAWADDY IM EINSATZ

An Bord des ersten Hilfsfluges von Ärzte ohne Grenzen waren 34 Tonnen Materialien, darunter Arzneimittel zur Behandlung von Durchfallerkrankungen und Malaria, therapeutische Fertignahrung, Plastikplanen, Wassercontainer und -pumpen sowie ein Boot für acht Personen. Nach der Zollabfertigung wurden die Hilfsgüter in Lager von Ärzte ohne Grenzen in Rangun gebracht und sollen schnellstmöglich per Lastwagen in die am meisten vom Zyklon betroffenen Gebiete verschickt werden. Weitere drei Flugzeuge mit insgesamt 120 Tonnen Hilfsgütern sind auf dem Weg.

"Auch wenn diese Hilfsgüter schnellstmöglich verteilt werden, ist deutlich, dass die Bedürfnisse der Menschen im schwer betroffenen Irrawaddy-Delta damit kaum gedeckt werden können", warnte die Ärzteorganisation.

Derzeit arbeiten mehr als 100 Helfer von Ärzte ohne Grenzen im Irrawaddy-Delta im Südwesten von Myanmar/Birma. Täglich kämen 10 bis 20 Mitarbeiter hinzu, teilte die Organisation mit. In Twante, Bogale, Kungyangon, Pathein (Bassein), Haigyi und Lapputta kümmerten sich 15 Teams um die medizinische Behandlung der Bevölkerung. Die Mitarbeiter verteilen Nahrungsmittel, Plastikplanen und weitere Hilfsgüter, bereiten Trinkwasser auf und reinigen die notdürftigen Lager, in denen die obdachlos gewordenen Menschen Zuflucht gesucht haben. In einigen Gegenden sei Ärzte ohne Grenzen allerdings zunehmend Behinderungen durch die Behörden ausgesetzt. "In Bogale beispielsweise kann die Organisation nicht angemessen Hilfe leisten. In diesem Bezirk lebten vor dem Zyklon ca. 100.000 Menschen."