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Gütersloh (epo/bm). - Die Bertelsmann Stiftung hat anlässlich des Weltfinanzgipfels, der am Wochenende in den USA stattfindet, für mehr Gewicht für die Schwellenländer beim Internationalen Währungsfonds (IWF) plädiert. In einem Positionspapier empfiehlt die Stiftung, dafür die Sitze und Stimmrechte der Europäischen Union zu begrenzen und zu bündeln. "Auf diese Weise stärkt die EU auch ihr Gewicht bei der Gestaltung des internationalen Währungs- und Finanzsystems", erklärte Robert Vehrkamp, Direktor des Europaprogramms der Stiftung.

"Obwohl die Europäer über fast ein Drittel der Stimmrechte im IWF verfügen, bleibt ihr Einfluss bisher gering", sagte Vehrkamp. Denn sie übten sie ihre Mitspracherechte bei konkreten Entscheidungen noch immer getrennt und häufig nach rein nationalen Interessen aus: "Daraus erwächst keine Gestaltungsmacht."

Vehrkamp sieht aber keine Gefahr, dass eine Stimmenreduzierung den Einfluss der EU beim IWF verringert. Um ihn zu sichern, sei für die EU allenfalls ein Stimmanteil mit einer Sperrminorität wie der der USA von etwa 17 Prozent erforderlich. Gleichzeitig schaffe ein einseitiger Verzicht auf Stimmrechte aber "den Spielraum für eine Neuverteilung der Sitze zugunsten der unterrepräsentierten Schwellen- und Entwicklungsländer und die neuen Wachstumszentren werden stärker an der Verantwortung für die Weltwirtschaft beteiligt."

Bislang verfügen im IWF die 36 führenden Industrieländer über zwei Drittel der Stimmrechte. Das restliche Drittel verteilt sich auf 149 Schwellen- und Entwicklungsländer, zu denen auch China (3,7 Prozent), Indien (1,9 Prozent) und Brasilien (1,4 Prozent) gehören.

Nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung kann der IWF eine zentrale Rolle bei der Reform des globalen Finanzsystems spielen. Voraussetzung sei aber eine Reform, welche die Schwellenländer mehr in die Verantwortung einbindet. "Diese Verantwortung und Lastenteilung übernehmen sie aber nur, wenn sie gleichzeitig darin angemessener mitwirken können", so Vehrkamp. China, Indien und andere Schwellenländer würden den IWF erst dann als globale Autorität zur Schaffung neuer Regeln für die Weltfinanzmärkte anerkennen, wenn sie sich angemessen vertreten fänden: "Dies wäre nicht zuletzt ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechten Teilhabe dieser Länder an der internationalen Politik."

Konkret schlägt die Bertelsmann Stiftung in ihrem Positionspapier eine rasche Bündelung der Stimmrechte der Eurogruppe in einer Stimmrechtsgruppe vor. Dies sei auch ohne eine Änderung der Statuten des IWF möglich, erläuterte Vehrkamp: "Eine einseitige Initiative der Eurogruppe reicht hier aus, um den Reformzug sofort auf das richtige Gleis und gleichzeitig unter Dampf zu setzen."

UNGLEICHE VERTEILUNG VON MACHT UND STIMMRECHT

Die "Gruppe der 20" (G-20) der westlichen Industriestaaten und der wichtigsten Schwellenländer repräsentiert der Stiftung zufolge etwa 90 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, 80 Prozent des Welthandels und zwei Drittel der Weltbevölkerung, während der Anteil der G-8 Industrieländer bei der Wirtschaftsleistung inzwischen bei weniger als der Hälfte des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP) und ihr Anteil an der Weltbevölkerung bei lediglich knapp 14 Prozent liegt.

Neben den G-8 Ländern USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und Russland sind in der G-20 Argentinien, Australien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea und die Türkei vertreten. Europa ist darüber hinaus durch den Ratspräsidenten der EU sowie durch die Europäische Zentralbank vertreten, die ebenso wie der IWF und die Weltbank an den Sitzungen der G-20 teilnehmen.

-> Positionspapier der Bertelsmann Stiftung (PDF)