Grönland-Eis. Foto: AWIBonn (epo.de). - “Mangelnder politischer Wille”, “wenig Konkretes”, “viel Plauderei, wenig Fortschritt” - mit diesen Kommentaren haben umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen die Ergebnisse der zweiwöchigen Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen in Bonn versehen. Die Gespräche der rund 2.500 Teilnehmer aus fast 190 Ländern gingen am Mittwoch zu Ende.

Der Exekutivsekretär der UN-Klimarahmenkonvention, Yvo de Boer, erklärte nach dem Abschluss der Konferenz am Mittwoch in Bonn, man habe “gute Fortschritte erzielt”. Für konkrete Beschlüsse und Zahlen zur Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase sei es noch zu früh. Für einen Erfolg beim U2N-Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen müssten noch eine Reihe von Bedingungen erfüllt werden. Die Vorverhandlungen in Bonn dienten der Vorbereitung des Gipfels.

Weiterhin offen ist damit die Frage der Unterstützung der Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels. Viele Länder des Südens machen eigene Verpflichtungen bei der Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes von Ausgleichszahlungen der Industriestaaten abhängig, die die globale Erwärmung verursacht haben.

FEILSCHEN UM JEDES WORT

Die evangelischen Hilfsorganisationen "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe kritisierten den “mangelnden politischen Willen der Regierungen, bei den internationalen Klimaverhandlungen endlich konkrete Fortschritte zu erzielen”. In Bonn seien wenig mehr als Minimalergebnisse erzielt worden. Die Regierung von Bangladesch hatte dazu erklärt, das “Recht auf Überleben” sei gefährdet.

“Es ist skandalös: Während die wissenschaftlichen Erkenntnisse immer alarmierender ausfallen und wir Hilfsorganisationen täglich mit den Folgen des Klimawandels in Brennpunktländern wie Bangladesch konfrontiert werden, wird um jedes Wort gefeilscht, aus Angst, übervorteilt zu werden”, kritisierte Thomas Hirsch, Klimaexperte bei "Brot für die Welt" und Diakonie. “Es ist an der Zeit, dass Deutschland und andere Industrieländer endlich substanzielle Zusagen machen, damit Ende Dezember ein wirkungsvolles und gerechtes Klimaabkommen zustande kommt.”

Regierungsvertreter aus Entwicklungsländern zeigten sich zunehmend verärgert, dass die reichen Länder offensichtlich nicht bereit sind, endlich konkrete und angemessene Verhandlungsangebote auf den Tisch zu legen. Vielmehr, so Hirsch, werde “taktiert und auf Zeit gespielt”. Dabei sei dies ein Luxus, den sich die Welt nicht länger leisten könne. Beinahe täglich träfen neue Forschungsergebnisse ein, die belegen, dass sowohl die Treibhausgasemissionen als auch die dadurch ausgelösten Klimaeffekte schneller voranschreiten als selbst in den pessimistischsten Szenarien des Weltklimarates prognostiziert. Zuletzt veröffentlichten die US-Klimabehörden eine Studie, wonach die Arktis schon in 30 Jahren im Sommer eisfrei sein könnte.

“Die Bundesregierung als gastgebendes Land muss bis zur nächsten Verhandlungsrunde Anfang Juni endlich mit konkreten Angeboten auf die Entwicklungsländer zugehen und darlegen, wie Deutschland Klimaschutz, Anpassungsmaßnahmen und Risikoschutz in Entwicklungsländern finanziell und technologisch zu unterstützen bereit ist”, forderte Hirsch. “Wenn das nicht geschieht, verspielt unser Land Vertrauen. Das würde den Eindruck erwecken, dass die Frage von Managergehältern und die Abwrackprämie wichtiger ist als die Zukunft derer, denen das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht.”

Zu den kleinen Fortschritten bei den UN-Klimagesprächen zählte, dass die Staaten inzwischen wenigstens über besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie Frauen und Kinder sprächen.

MANGELNDE DYNAMIK

“Die derzeitigen Ziele und finanziellen Zusagen sind nicht ausreichend für das notwendige Abkommen in Kopenhagen”, kommentierte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch, das Ergebnis. “Von den Regierungschefs der einzelnen Staaten muss auf den kommenden internationalen Treffen bis hin zum G8-Gipfel Anfang Juli deutlich gemacht werden, dass der Wille vorhanden ist, die globale Erderwärmung deutlich unter 2 Grad zu halten. Nur dies kann die notwendige Dynamik für das Abkommen in Kopenhagen erzeugen.”

Im Unterschied zu den Verhandlungen in Posen sei in Bonn aber eine neue Atmosphäre deutlich geworden, so Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch. “Unter anderem hat auch der positive Wiedereinstieg der USA dazu geführt, dass man bei einigen Details konstruktiv miteinander gearbeitet hat. Dennoch ist die Kluft zwischen den Detailverhandlungen und dem, was aus der politischen Ebene an konkreten Zahlen auf den Tisch gelegt werden muss, gewaltig.”

DÜSTERE AUSSICHTEN

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) kritisierte die Industriestaaten, weil sie keine festen Zusagen über verbindliche CO2-Reduktionsziele gemacht hatten. Der BUND fordert von der EU eine Verpflichtung zur Reduktion um 40 Prozent bis 2020.

“Die Bonner Konferenz hat keine nennenswerten Fortschritte gebracht”, sagte Bärbel Höhn, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. “Der zähe Verlauf der Beratungen wird der Dramatik der Klimaveränderungen und der Dringlichkeit des Handelns nicht gerecht. Während die Wissenschaft vor einer Verschärfung der Klimakrise warnt, gibt es noch nicht einmal einen Verhandlungstext für das neue Klimaschutzabkommen, dass Ende des Jahres in Kopenhagen beschlossen werden soll. Wenn die Verhandlungen in diesem Tempo weiter gehen, sehen die Aussichten für den internationalen Klimaschutz düster aus.”

Die Umweltstiftung WWF erklärte, in Bonn sei man “bei keinem der Knackpunkte, etwa bei der Reduzierung der Emissionen oder in Finanzierungsfragen”, weitergekommen. Einzig die Arbeitsatmosphäre unter den Delegierten habe sich verbessert, vor allem dank der neuen US-Administration.

“Das ist schön, aber ohne ernsthafte Verpflichtungen und anspruchsvolle Ziele gewinnt man keinen Kampf gegen den Klimawandel”, sagte die Leiterin Klimaschutz des WWF, Regine Günther. Von einem politischen Durchbruch, wie man ihn für ein Kyoto-Nachfolgeabkommen brauche, sei die Staatengemeinschaft in Bonn weit entfernt gewesen.

www.unfccc.int


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