sudan_abyei_100Den Haag (epo.de). - Der Internationale Schiedgerichtshof (Permanent Court of Arbitration, PCA) in Den Haag entscheidet am heutigen Mittwoch über den Grenzverlauf bezüglich des ölreichen Distrikts Abyei im Sudan. Die Entscheidung wird im Sudan mit Spannung erwartet. Sowohl die Regierung des Sudan in Khartum als auch die autonome Region Südsudan haben sich in einem Friedensabkommen verpflichtet, den Schiedsspruch zu akzeptieren. Dennoch befürchten Beobachter den Ausbruch neuer Gewalt zwischen der sudanesischen Zentralregierung und den früheren Rebellen der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung SPLM, die heute in die Regierung eingebunden ist.

Abyei ist ein Distrikt im Süden des sudanesischen Bundesstaates Gharb Kordofan (West-Kordofan). Er liegt größtenteils nördlich des Flusses Bahr al-Arab, der den Norden und den Süden voneinander trennt, und damit geografisch im Nordsudan. Bis 1905 hatte das Gebiet als Teil der Provinz Bahr al-Ghazal politisch zu Südsudan gehört. Es wird hauptsächlich von Viehzüchtern der Ngok-Dinka bewohnt, die ethnisch und kulturell zum Süden gehören. Daneben leben in Abyei auch viehzüchtende arabische Misseriya-Baggara, die sich dem Norden zugehörig fühlen.

Im anglo-ägyptischen Sudan ab 1899 wurde das Gebiet der Ngok zunächst als Teil der Provinz Bahr al-Ghazal und damit des Südens verwaltet. Als sich die Ngok bei den britischen Behörden über Übergriffe der Misseriya beschwerten, entschieden diese, die Misseriya und die neun Häuptlingsreiche der Ngok gemeinsam zu verwalten und unterstellten beide der nördlichen Provinz Kordofan. Als der Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan 1965 Abyei erreichte, rüstete die Regierung in Khartum die Misseriya als Milizionäre gegen die südsudanesischen SPLA-Rebellen auf. Viele Ngok  wurden aus dem Gebiet vertrieben.

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Die Grenzziehung wurde nach dem umfassenden Friedensvertrag zwischen der sudanesischen Regierung und der SPLM im Jahr 2005 einer speziellen Kommission überantwortet, der jeweils fünf Mitglieder der Regierung und der SPLM sowie fünf internationale Experten angehörten. Weil keine Einigung erzielt werden konnte, stimmten beide Seiten zu, das Internationale Schiedsgericht in den Haag anzurufen und dessen Entscheidung anzuerkennen.

Der Bürgerkrieg im Südsudan dauerte 20 Jahre und kostete schätzungsweise 1,5 bis zwei Millionen Menschenleben, ehe er unter Vermittlung der USA mit dem Comprehensive Peace Agreement (CPA) 2005 beendet werden konnte. Im Mai 2008 brachen jedoch erneut schwere Kämpfe in der Abyei Region aus, die gleichnamige Stadt wurde nahezu völlig zerstört. Rund 100 Menschen starben, Zigtausende wurden zu intern Vertriebenen.

Die Entscheidung des Den Haager Gerichtshofes wird im Sudan mit Spannung erwartet. Die Vereinten Nationen warfen der Südsudanesischen Volksbefreiungsarmee SPLA, dem militärischen Flügel der SPLM, am Wochenende vor, Truppenverschiebungen nach Abyei vorgenommen zu haben, was die SPLA heftig dementierte.

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