niebel_dirk_fdp_100Berlin (epo.de). - Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat am Mittwoch in Berlin Grundzüge der geplanten Reform der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) vorgestellt. Die drei Organisationen der Technischen Zusammenarbeit, die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) und die Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbh (InWEnt) sollen demnach zu einer Organisation verschmelzen. Wie die neue Organisation heißen und wo sie ihren Hauptsitz haben soll, ist aber noch unklar.

Die Reform soll die Zersplitterung der deutschen EZ beenden, ihre Effektivität erhöhen und die Steuerungsfähigkeit des Ministeriums verbessern. Niebel hatte dem Bundeskabinett am Mittwoch einen Zwischenbericht vorlegt. Die Reform der EZ-Institutionen sei "auf gutem Wege", sagte der Minister vor der Presse. Die anerkannte Vielfalt der Instrumente und Expertise der Durchführungsorganisationen der deutschen EZ (GTZ, DED und InWEnt) sollten in vollem Umfang erhalten bleiben. Zugleich würden durch die Reform aber die organisatorischen Strukturen gestrafft, die Instrumente gebündelt und die künftige politische Steuerung der neuen Institution durch die Bundesregierung gestärkt. Auch in den Partnerländern werde die deutsche EZ so sichtbarer, sagte Niebel.

Die betroffenen Durchführungsorganisationen unterstützten den Reformprozess, erklärte Niebel. Es gebe keine grundsätzlichen Hindernisse für eine Vollfusion "auf Augenhöhe" der drei Institutionen, und in vielen Kernpunkten der Reform herrsche bereits Konsens. "Wir haben einen wichtigen ersten Schritt gemacht", so der Minister. "Die erreichten Übereinstimmungen müssen in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Organisationen nun verfeinert, Themenfelder weiter geprüft und ausgearbeitet werden. Der Zeitplan ist ehrgeizig: Möglichst bis Juli wollen wir ein entscheidungsfähiges Konzept ausarbeiten. Danach soll die Reform, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, zügig umgesetzt werden."

Niebel zufolge wird derzeit ein "identitätsstiftendes Geschäftsmodell" für die neue Organisation entwickelt. Klar sei, dass Doppelstrukturen vor allem in der inneren Verwaltung abgeschafft werden sollten. Zudem habe die GTZ derzeit rund 60 Mitarbeiter für das BMZ abgestellt. Es sei effektiver und billiger, solche Stellen direkt beim BMZ anzusiedeln und damit die Steuerungsfähigkeit des Ministeriums zu erhöhen.

Niebel betonte jedoch, ein Stellenabbau oder finanzielle Einsparungen seien nicht das Hauptziel der Reform. Vielmehr habe man im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die bilaterale Hilfe künftig zwei Drittel und die multilaterale Hilfe ein Drittel des BMZ-Etats umfassen solle. Für den Ausbau der bilateralen Hilfe sei ein Zuwachs an Personal notwendig.

Der Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Hans-Jürgen Beerfeltz, erklärte, das BMZ habe die GTZ, den DED und InWEnt gebeten, in Arbeitsgruppen selbst Vorschläge für die Fusion zu entwerfen. Die neue Organisation solle nicht nur eine bessere Wirksamkeit der EZ erzielen, sondern auch Wirtschaft und Zivilgesellschaft besser einbeziehen. Projekte von nichtstaatlichen Organisationen könnten in der neuen Organisation besser zur Geltung kommen.

Offen sind neben der Rechtsform der neuen Organisation auch noch der Name und der künftige Standort der Zentrale. Die GTZ hat ihren Hauptsitz derzeit in Eschborn bei Frankfurt am Main, der DED und InWEnt haben ihre Zentralen in Bonn. Möglicherweise könne man zwei erste Dienstsitze einrichten, sagte Niebel. Dies hänge aber von der künftigen Rechtsform ab. Der Name müsse nach Möglichkeit die Tätigkeit aller drei zu fusionierenden Organisationen widerspiegeln. Auf ihn werde man sich aber wohl erst einigen, wenn alle anderen Fragen geklärt sind.

Eine Einbeziehung der finanziellen Zusammenarbeit (FZ), die derzeit von der Entwicklungsbank der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt wird, in die EZ-Reform steht Niebel zufolge in der jetzigen Legislaturperiode nicht zur Debatte. Offen ist aber noch, ob das Entwicklungshelfer-Gesetz geändert werden muss. Auch das hänge von der künftigen Rechtsform ab, sagte Niebel. Der Status des Entwicklungshelfers solle aber auf jeden Fall erhalten bleiben.

Nach der Eingliederung der DEG-Bank in die KfW-Bankengruppe und der Fusion der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung (DSE) mit der Carl-Duisberg-Gesellschaft (CDG) zur Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (InWEnt) ist die geplante Zusammenlegung von GTZ, DED und InWEnt der größte Schritt im Rahmen einer Strukturreform der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.

STIMMEN ZUR REFORM

Die Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dagmar Wöhrl (CSU), begrüßte die BMZ-Eckpunkte. "Ich bin dankbar, dass Bundesminister Niebel so schnell einen Vorschlag zur Fusion der Organisationen vorgelegt hat", sagte Wöhrl am Mittwoch in Berlin. "Die Zusammenlegung der Organisationen ist dringend geboten, denn die Koalition hat eine Entwicklungspolitik aus einem Guß vereinbart. Das Papier bildet eine gute Arbeitsgrundlage zur schnellen Umsetzung."

Ute Koczy, entwicklungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, erklärte, ihre Fraktion unterstütze die von Niebel angepackte Reform der Entwicklungspolitik. Vordringlich sei es jedoch, die Aufspaltung in technische und finanzielle Zusammenarbeit zu überwinden. Dies bedeute, auch die Entwicklungsbank der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in eine neue, bundeseigene Entwicklungsagentur zu überführen. "Diesen zukunftsweisenden Schritt traut Niebel sich aber nicht zu", sagte Koczy.

"Es ist zu befürchten, dass mit dieser Reform die Entwicklungszusammenarbeit noch stärker als bisher als Fördermittel für die Außenwirtschaft genutzt wird", sagte Niema Movassat von der Linksfraktion. "Das oberste Ziel der Entwicklungszusammenarbeit bleibt die Armutsreduzierung und die Beseitigung des Hungers in der Welt und nicht die Förderung der deutschen Wirtschaft. Daher bedarf es eines Systemwechsel in der Wirtschafts,- Energie,- und Handelspolitik sowie einer friedlichen Außenpolitik."

Die entwicklungspolitische Organisation ONE begrüßte das Reformvorhaben. Es könne einen wichtigen Beitrag zu mehr Effizienz und Schlagkraft der deutschen Entwicklungszusammenarbeit leisten. "Deutschland ist von der OECD in der Vergangenheit zu Recht für die Zersplitterung seiner Entwicklungsorganisationen kritisiert worden. Mit dieser überfälligen Reform kann Minister Niebel Effizienz und Schlagkraft der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ausbauen. Ich bin sehr froh, dass der Minister dieses Vorhaben energisch und schnell vorantreibt", sagte der Direktor von ONE in Deutschland, Tobias Kahler. Die Finanzielle Zusammenarbeit müsse aber möglichst bald in die Reform einbezogen werden.

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