tschad_lage_150Göttingen (epo.de). - Im Tschad stehen aufgrund einer kastrophalen Dürreperiode halbnomadisch lebende Völker vor dem Aus. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnte am Freitag vor den dramatischen Folgen einer sich ausweitenden Hungerkatastrophe für Hirten in der Sahelzone. "Im Tschad leiden 75 Prozent aller Viehhirten unter akuter Hungersnot", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen.

"Die extreme Dürre lässt die spärlichen Wasserquellen versiegen und die Weidegründe für die Viehherden verdorren. Mit ihrem Vieh verlieren die Nomaden ihre Lebensgrundlage, denn es liefert ihnen die täglichen Nahrungsmittel und ist meist ihr gesamter Besitz. Die im Zentrum und Norden des Tschad lebenden Ureinwohner haben innerhalb eines Jahres 40 Prozent ihres Viehbestandes verloren. Diese Hirtenvölker sind damit akut in ihrer Existenz bedroht. Dringend benötigen sie Futter für ihr Vieh", so Delius.

Besonders bedroht von der anhaltenden Dürre sind die mehr als 300.000 Daza in den Regionen Kanem und Bahr El Ghazal im Zentrum des Landes. Die Daza zählen zum Volk der Toubou, der neben den Tuareg bedeutendsten Bevölkerungsgruppe in der Sahara. Mehr als 70 Prozent der Daza haben laut GfbV aufgrund der Trockenheit ihre Tiere bereits verloren. In manchen Regionen des Landes sei die Ernte der Bauern komplett ausgefallen, so dass es überall an Nahrungsmitteln mangele - für die Menschen, aber auch für die Tiere.

Die Daza betreiben wie viele Halbnomaden Wanderweidewirtschaft (Transhumance) und ziehen während der Trockenzeit aus dem Norden in den feuchteren Süden. Erst in der Regenzeit kommen sie in den Norden zurück. Als Reaktion auf die anhaltende Trockenheit und die Nahrungsmittelknappheit verließen die Daza-Nomaden in den Jahren 2009/2010 ihr traditionelles Winterquartier in den nördlichen Regionen bereits deutlich früher als normalerweise, was zu einer Überweidung im Süden des Landes führte. "Es ist ein Teufelskreis, in dem die Nomaden schon vorab als Verlierer feststehen, da das Land nicht genug hergibt, um ihr Vieh zu ernähren", erklärte Delius.

Noch schlimmer sei die Situation der mehr als 280.000 Nomaden und Halbnomaden, mehrheitlich aus dem Volk der Toubou, in den drei im Norden gelegenen Regionen Tibesti, Ennedi und Borkou, berichtete die GfbV. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage seien dort nur wenige Hilfsorganisationen aktiv und es gelangten kaum Nahrungsmittellieferungen in die Region. Mehr als eine Million Landminen erschwerten die Arbeit der Helfer. Aufstandsbewegungen und militärische Auseinandersetzungen zwischen Libyen und dem Tschad hätten die humanitäre Arbeit im Norden des Tschad in den letzten zehn Jahren massiv beeinträchtigt.

Nomaden und Halbnomaden stellen 32 Prozent der ländlichen Bevölkerung des Tschad, so die GfbV. Sie besitzen 75 Prozent des Viehbestandes des Landes. Die Viehwirtschaft (Rinder, Kühe, Dromedare, Geflügel, Ziegen) bringt 40 Prozent der Außenhandels-Erlöse des zentralafrikanischen Staates ein. Der Tschad gilt als eines der ärmsten Länder der Welt und rangiert auf Platz 170 von 177 der Rangliste der entwickelten Staaten.

www.gfbv.de

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