gfbvGöttingen (epo.de). - Die Vereinten Nationen sollten den Vorwurf, Äthiopiens Regierung habe im Osten des Landes schwere Kriegsverbrechen begangen, sofort untersuchen. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag von der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navanethem Pillay gefordert. Lokale Menschenrechtler berichteten, dass äthiopische Soldaten bei Razzien im Ogaden mehr als 70 unbewaffnete somalische Dorfälteste und Kleinbauern standrechtlich erschossen hätten.

Der GfbV wurde nach eigenen Angaben eine Liste mit den Namen von 34 Opfern zugeschickt, die die Menschenrechtsorganisation an die Vereinten Nationen weiterreichte. "Diese schweren Anschuldigungen müssen unbedingt vor der geplanten Teilnahme Äthiopiens am G20 Gipfeltreffen Ende Juni 2010 in Kanada geklärt werden", forderte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi war von den Industriestaaten eingeladen worden, am 26./27.Juni am Gipfeltreffen der Industrie- und Schwellenländer in Toronto teilzunehmen.

Die Morde sollen laut GfbV nach einem Angriff der Freiheitsbewegung "Ogaden National Liberation Front" (ONLF) auf die Garnisonsstadt Malqala am 18. Mai 2010 verübt worden sein. Bei der Attacke auf die Stadt an der strategisch bedeutsamen Straße zwischen Harar und Jigjiga im Nordwesten der von Somalis besiedelten Region in Äthiopien seien 94 äthiopische Soldaten getötet worden, hatte die ONLF verbreitet.

Äthiopien hatte nach Angaben der GfbV bestritten, dass die Stadt durch die Rebellen eingenommen worden war. Die Armee habe jedoch umliegende Dörfer durchkämmt und sie hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt. In Fafen, Farso, Goray, Bambas und Galaalshe seien Dorfälteste und Bauern zum Teil vor den Augen ihrer Familien erschossen worden, berichteten Augenzeugen. Nach Beendigung der Blockade seien viele Menschen aus der umkämpften Region geflohen.

"Nur Pillay und die Vereinten Nationen haben die Möglichkeit, die Vorwürfe von unabhängiger Seite auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen", sagte Delius. "Denn unabhängige Menschenrechtsorganisationen und Journalisten können im Ogaden nicht frei recherchieren. Selbst Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen sind massivem Druck der Behörden ausgesetzt."

Der vor allem von muslimischen Somali bewohnte Ogaden ist größer als Deutschland und Belgien zusammen. Nur rund acht Millionen Menschen leben in dem riesigen Gebiet, das zwischen Äthiopien und Somalia umkämpft ist. Bereits 2007/2008 hatten Menschenrechtsorganisationen Äthiopien Kriegsverbrechen im Ogaden vorgeworfen. Auch damals gingen äthiopische Soldaten mit aller Härte gegen unbewaffnete Somali vor, die pauschal beschuldigt wurden, die ONLF zu unterstützen. Die Freiheitsbewegung kämpft für mehr Selbstbestimmung der Somali sowie für ein Ende der Ölförderung durch ausländische Konzerne.

www.gfbv.de

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