unfccc_cop16_cancun_100Cancún (epo.de). - Im mexikanischen Cancún beginnt am Montag der 16. Klimagipfel der Vereinten Nationen. Die Erwartungen sind gedämpft, nachdem sich die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmen-Konvention (UNFCCC) beim letzten Gipfel in Kopenhagen nicht auf ein Folgeabkommen zum Kyto-Protokoll, das 2012 ausläuft, einigen konnten. Mit einer neuen Politik der kleinen Schritte sollen die Staaten nun nach und nach zu mehr Klimaschutz verpflichtet werden. Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen wollen in Cancún dennoch Druck machen, damit Ergebnisse erzielt werden.

Germanwatch konstatierte vor Beginn des Weltklimagipfels, die "Strategie des Großen Wurfes" sei in Kopenhagen gescheitert. Zudem habe sich die US-Regierung als treibende Kraft der internationalen Klimadebatte selbst ins Abseits gestellt. "Die Messlatte für Cancún ist, ob der Einstieg in diesen Strategiewechsel gelingt", sagte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Die Leiterin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, will zunächst Entscheidungen über Themen herbeiführen, die kaum noch umstritten sind, wie Regenwaldschutz, Anpassung an den Klimawandel, Technologiekooperation, Finanzierungsfonds und die Kompetenzbildung in Entwicklungsländern. Im UN-Prozess sollten die Staaten freiwillige Minimalziele anerkennen und sich darauf verständigen, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu beschränken, so Germanwatch. Bis 2015 könnten die Lücken zwischen den Minimalzielen und dem Zwei-Grad-Ziel dann mit einer Einigung auf die dazu notwendigen Maßnahmen geschlossen werden. "Es wäre ein Durchbruch für den Erfolg von Cancún, wenn dieser Vorschlag für den Verhandlungstext als Grundlage für die Verhandlungen akzeptiert würde. Dies wäre der Einstieg in den notwendigen Strategiewechsel", so Christoph Bals.

Greenpeace fordert zu Beginn der Verhandlungen in Cancún, bis 2011 ein völkerrechtlich bindendes Kyoto-Folgeabkommen zu erarbeiten, auch ohne USA. Dazu müssten sich die Staaten schriftlich auf einen verbindlichen Fahrplan zur Erstellung des Klimaschutzabkommens einigen. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert Greenpeace, die EU zu der Aussage zu drängen, ihre Treibhausgase um 30 Prozent zu reduzieren. Das könne den ins Stocken geratenen Klimaschutzverhandlungen neuen Schwung geben.

"Nach einem Jahr mit verheerenden Extremwetterereignissen, Hitzerekorden und Flutkatastrophen muss allen klar sein: der Klimawandel wartet nicht! Auch nicht auf irgendwelche Ergebnisse der Klimaverhandlungen", sagte Martin Kaiser, Klima-Experte von Greenpeace. "Nach dem missglückten Gipfel von Kopenhagen müssen die Verhandlungen in Cancun nun unbedingt die Weichen für den Klimaschutz im 21. Jahrhundert stellen. Die Staaten sind verantwortlich für das Wohl ihrer Bevölkerung, und das kann bald schon vom Klimawandel sehr bedroht werden."

"Die vorliegenden Angebote der Staaten zum Klimaschutz reichen bei weitem nicht aus, um den globalen Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen", mahnte MISEREOR-Klimareferentin Nicole Piepenbrink. "Wenn keine einschneidenderen Maßnahmen als bisher erfolgen, steuern wir stattdessen auf knapp vier Grad Celsius zu!" Ein solches Szenario gehe mit unumkehrbaren Klimaveränderungen einher, die insbesondere die Armen in den Entwicklungsländern treffen würden, aber auch die gesamte Menschheit bedrohten.

Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und "Brot für die Welt" mahnten ebenfalls anlässlich der UN-Klimakonferenz vom 29. November bis 10. Dezember in Cancún, die internationale Klimapolitik brauche dringend neue Dynamik. "Ein weiterer Stillstand wäre unverantwortlich." Beide Werke beobachten die Verhandlungen und erwarten, dass Bundesregierung und EU zusätzliche Verpflichtungen zur Emissionsreduktion anbieten.

Nach Oxfam-Analysen sind allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2010 etwa 21.000 Menschen durch Unwetterkatastrophen ums Leben gekommen, doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2009. Die Anzahl der extremen Unwetter dürfte 2010 deutlich höher liegen, als das bisherige Zehn-Jahres-Mittel. 2010 werde zudem als eines der bisher wärmsten Jahre überhaupt in die Geschichte eingehen.

Oxfam fordert von der Konferenz in Cancún, den bereits in Kopenhagen versprochenen Klima-Fonds für arme Länder formal einzurichten, sowie einen Fahrplan für die weitere Ausarbeitung des Fonds und für die Mobilisierung der erforderlichen finanziellen Mittel festzulegen. Dabei müsse schon jetzt sichergestellt werden, dass die armen Länder direkten Zugang zu den Fondsmitteln bekommen und gleichberechtigt über die spätere Mittelverwendung mitentscheiden dürfen.

"Auch wenn es viele glauben mögen, aber der UN-Prozess der Klimaverhandlungen ist nicht tot. Wir brauchen jedoch einen starken politischen Herzschrittmacher, um die Verhandlungen aufleben zu lassen und in Cancún den Weg für ein faires, ehrgeiziges und bindendes Abkommen zu ebnen", sagte der Hauptgeschäftsführer von CARE Deutschland-Luxemburg, Anton Markmiller. Nur wenige humanitäre Organisationen erwarteten ein Klima-Abkommen am Ende der zweiwöchigen Verhandlungen in Mexiko.

"Die erfolgreiche Biodiversitätskonferenz in Japan im Oktober zeigt jedoch, dass Verhandlungen unter dem Schirm der Vereinten Nationen globale Abkommen bringen können, wenn der nötige politische Willen und die Führung da ist", so Markmiller. Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) sei derzeit die einzige angemessene, internationale Struktur, unter der ein gerechtes Klima-Abkommen erreicht werden könne. "Die G20-Länder müssen dabei helfen, die grüne Wirtschaft zu fördern und ein Abkommen zu erreichen. Doch in den G20 sind die ärmsten Länder nicht vertreten. Somit haben jene, die am stärksten unter dem Klimawandel leiden werden, keine Stimme", warnte Markmiller. "Doch die Teilnahme der ärmsten Staaten ist essenziell, vor allem wenn es um die Anpassung an den Klimawandel geht."

Die Lobby-Organisation ONE appellierte an die Staatengemeinschaft, bei den Klimaverhandlungen auch die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele im Blick zu haben. Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE, erhofft sich vom Klimagipfel in Cancún solche Abkommen, die Klimaschutz und Entwicklung verbinden: "In diesem Jahrhundert stehen wir vor zwei großen Herausforderungen. Wir müssen den Klimawandel bewältigen und extreme Armut auf der Welt endgültig beenden. Deshalb muss jedes Abkommen im Klimabereich die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele berücksichtigen."

Die Entwicklungsländer sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Kahler forderte deshalb, eine entwicklungsorientierte Klimafinanzierung insbesondere für Afrika sicherzustellen: "Der Klimawandel droht bereits erzielte Fortschritte bei der Armutsbekämpfung zu untergraben. Gleichzeitig steigen die Kosten zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele um 40 Prozent, wenn Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels eingerechnet werden. Wir brauchen einen ehrgeizigen, ausreichend finanzierten Plan, der Afrikas Wunsch nach wirtschaftlichem Wachstum berücksichtigt."

Tobias Kahler ist davon überzeugt, dass Afrikas Zukunft im Grünen Wachstum liegt: "Afrika hat großes Potential im Bereich erneuerbarer Energien. Die Staatengemeinschaft sollte in Cancún Strategien entwickeln, um Technologietransfer zu beschleunigen und finanzierbare Pläne für CO2-armes Wachstum zu entwickeln."

http://cc2010.mx/en


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