hbs_150Berlin (epo.de). - Die internationalen Klima-Finanzhilfen vernachlässigen das Umweltvölkerrecht und die Menschenrechte. Während in Cancun voraussichtlich um Milliarden-Zusagen gestritten werde, drohe die qualitative und normative Perspektive zu kurz zu geraten, warnt eine zum Auftakt des UN-Klimagipfels in Cancún vorgestellte Studie der Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Titel "A Matter of Principle(s)". Sie enthält Vorschläge für ökologische und menschenrechtliche Anforderungen an die Klimafinanzierung.

"Milliardensummen aus öffentlichen Quellen werden für den internationalen Klimaschutz in Entwicklungsländern benötigt, doch es gibt keine qualitativen Standards dafür", kritisierte Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. "Auch die Bundesregierung bleibt bislang ein Konzept schuldig, das offenlegt, entlang welcher Prioritäten und Prinzipien sie Klimaschutz in den Entwicklungsländern über bi- und multilaterale Fonds finanzieren will. Existierendes internationales Umweltrecht und menschenrechtliche Standards müssen handlungsleitend bei der Vergabe der Mittel werden, andernfalls sind gewaltige Fehlinvestitionen und Menschenrechtsverletzungen zu befürchten", erklärte Unmüßig. 

Im Grundsatz müsse gelten, dass die Gelder keinen neuen sozialen oder ökologischen Schaden anrichten dürfen, so die Böll-Stiftung. "Ausgeschlossen werden sollten die Förderung von Atomkraft oder die Finanzierung von Monokulturen etwa zur Gewinnung von Biotreibstoffen, wenn dadurch das universelle Grundrecht auf Nahrung gefährdet ist", betonte Unmüßig. Auch Großstaudämme hätten massive Auswirkungen auf die Existenzgrundlagen lokaler Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel durch Umsiedlung oder unzureichende Kompensationszahlungen.

Künftig sollten vom Klimawandel Betroffene an den Entscheidungen für Klimaschutzprojekte beteiligt werden, heißt es in der Studie. Notwendig sei außerdem die Einrichtung von unabhängigen Beschwerdemechanismen, so dass die Betroffenen (etwa Kleinbauern, Frauen oder indigene Bevölkerungsgruppen) öffentlich Rechenschaft für fehlgeschlagene Projekte einfordern könnten. 

Die aktuelle Studie der Heinrich-Böll-Stiftung legt einen umfassenden Kriterienkatalog in Form einer Checkliste vor. "Diese Kriterien und Prinzipien sollen für alle internationalen Organisationen gelten, die öffentliche Gelder für den Klimaschutz in den Süden transferieren", fordert Liane Schalatek, Autorin der Studie und stellvertretende Büroleiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington. "Die Klima-Finanzhilfen müssen beispielsweise berücksichtigen, dass Frauen und Männer vom Klimawandel unterschiedlich hart betroffen sind. In Afrika wird Nahrungssicherung im ländlichen Raum vor allem von Frauen geleistet. Landwirtschaftliche Anpassungsprojekte müssen also gezielt Kredite und Kapazitätsbildung für Frauen ermöglichen."

Öffentliche Klimagelder müssten insbesondere da zum Einsatz kommen, wo der Privatsektor nicht investiere, etwa bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. "Wir brauchen eine bessere Koordination zwischen öffentlichen und privaten Investitionen", so Schalatek. Allerdings sollten sich auch Privatinvestitionen an den Empfehlungen der Studie orientieren, um sozial- und umweltschädliche Projekte auszuschließen.

A Matter of Principle(s)
A Normative Framework for a Global Compact on Public Climate Finance" 
By Liane Schalatek, Heinrich-Böll-Stiftung
Berlin, November 2010, 63 Seiten

Download der englischsprachigen Studie:
http://www.boell.org/web/index-684.html