gfbvGöttingen. - Die Entwicklungshilfe für Äthiopien sollte wegen anhaltender Verletzungen der Menschenrechte überdacht werden. Dies hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor dem am Dienstag beginnenden Äthiopien-Besuch von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) gefordert. Die GfbV wies darauf hin, dass der staatlich geförderte Ausverkauf von Land in Äthiopien an ausländische Firmen ethnische Minderheiten in ihrem Überleben gefährde und bat den Minister, die drohende Vertreibung von 225.000 Ureinwohnern in Gesprächen mit der äthiopischen Regierung zu kritisieren.

In der im Südwesten des Landes gelegenen Region Gambella sollen nach Angaben der GfbV 2011 im Rahmen eines staatlichen Verdorfungsprogrammes drei Viertel der 300.000 Bewohner in 49 neue "Dörfer" umgesiedelt werden. "Besonders betroffen sind von diesem Großprojekt 60.000 Anuak-Ureinwohner sowie mehr als 100.000 Angehörige des Volkes der Nuer", berichtete GfbV- Afrikareferent Ulrich Delius. "Mit der Umsiedlung soll Platz geschaffen werden für neue Reis-, Weizen- und Zuckerrohrplantagen indischer und saudi-arabischer Firmen."

Das indische Unternehmen Karaturi Global will laut GfbV in der Region auf 300.000 Hektar Weizen anbauen. An die indische Firma BHO Agro seien 27.000 Hektar und an den indischen Ruchi-Konzern 25.000 Hektar verpachtet worden. Das saudi-arabische Unternehmen Saudi Star habe sich 10.000 Hektar gesichert.

Die Verdorfung solle auf freiwilliger Basis stattfinden und den Bauern eine bessere Versorgung mit Schulen und Krankenhäusern garantieren, betonen die Behörden nach Angaben der GfbV. "Doch diese Begründung ist nicht glaubwürdig, da auch Dörfer zerstört werden, in denen es schon Schulen und Krankenhäuser gibt", sagte Delius. Außerdem würden die Bauern zur Umsiedlung gedrängt. Kritik sei unerwünscht. Nachdem ein Anuak im Dezember 2010 im Radiosender "Voice of America" Kritik an der Umsiedlung übte, werde er nun von den Behörden gesucht. Mindestens zehn Bauern seien bei Landkonflikten in den vergangenen Monaten gestorben.

In den kommenden fünf Jahren wolle Äthiopien Flächen von der Größe Belgiens an ausländische Agrarkonzerne verpachten, berichtete die GfbV. Rund 750.000 Menschen sollten dafür umgesiedelt werden. Auch die bayerische Firma Acazis AG habe nach eigenen Angaben 56.000 Hektar im Osten Äthiopiens für den Anbau von Energiepflanzen gepachtet und sich für weitere 200.000 Hektar Konzessionen gesichert.

"Wenn Niebel Afrika als 'Chancenkontinent' bezeichnet, kann dies nicht für die äthiopischen Bauern gelten", sagte Delius, "denn der gigantische Landraub birgt für sie nur die 'Chance' zum Untergang. Äthiopiens Regierung ignoriert ihre traditionellen Landrechte, um auf ihre Kosten die Handelsbilanz zu verbessern."

www.gfbv.de

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