ewnw_wahlcheck2011_100Hamburg. - "Für viele Hamburger Parteien ist Entwicklungspolitik nur ein Sahnehäubchen." Zu diesem Ergebnis kommt das Eine Welt Netzwerk Hamburg (EWNW), der Dachverband entwicklungspolitischer 
Initiativen in Hamburg, nach der Befragung von fünf Parteien zu zehn entwicklungspolitischen Punkten im Vorfeld der Bürgerschaftswahl.
 Bis auf die FDP, "der das Thema 
offenbar nicht besonders am Herzen liegt", hätte alle Parteien geantwortet, erklärte das EWNW am Dienstag.



"Die Idee von Entwicklungspolitik als Querschnittsaufgabe für verschiedene 
Politikbereiche, die vor allem hier in Hamburg zu bewältigen ist, ist für einige Parteien 
immer noch keine Selbstverständlichkeit", sagte EWNW-Geschäftsführerin Anneheide von Biela. So bedeute 
für die CDU Entwicklungspolitik nach wie vor die finanzielle und technische Unterstützung 
von Projekten in den Ländern des Südens. Auch die Antworten der SPD tendierten zu dieser
 Sichtweise.



Fast alle Aktivitäten der Politik und Verwaltung vor Ort, so das EWNW, haben entwicklungspolitische und globale
 Auswirkungen – sei es die Klimaerwärmung durch den Ausbau des Flughafens, der
 Umgang mit Flüchtlingen, sei es die Rüstungsproduktion oder der Kauf von Lebensmitteln,
 Behördencomputern und Uniformtextilien, bei deren Produktion es gilt, Arbeitsrechte und
 ökologische Standards einzuhalten. 



Erfreulich sei, dass alle Parteien entwicklungspolitische Expertise in ihre Politik einbinden
 wollen, zum Beispiel über den Rat für nachhaltige Entwicklungspolitik, sagte von Biela.
 Auch gegenüber einem regelmäßigen entwicklungspolitischen Monitoring der Hamburger 
Politik zeigten sie sich aufgeschlossen. "Bisher fehlt eine Diskussion über die entwicklungspolitische
 Gesamtstrategie des Senats. Wir halten dies aber für eine Selbstverständlichkeit,
 schon allein um Transparenz zu erzeugen und Ansätze für ein kohärentes Vorgehen zu
 schaffen", so die Geschäftsführerin des Eine Welt Netzwerks Hamburg. Oft mache leider die 
eine Hand genau das, was die andere zu verhindern suche.

"Die Fachkenntnisse und Leidenschaften bei den Parteien sind je nach Thema sehr 
unterschiedlich", so von Biela. So habe die Links-Partei die Themen Flucht und 
Militarisierung sehr konkret beantwortet, die CDU dagegen beweise bei der Frage des 
Öffentlichen Einkaufs Sachkenntnis – auch wenn sie mit ihrer Definition problematischer 
Produktgruppen zu kurz greife und damit die Dimension des Themas verkenne. Die GAL 
steche beim Thema Postkolonialismus positiv hervor. Sie mache sich stark für einen 
zentralen Erinnerungsort sowie Lern- und Wanderpfade, die den deutschen Kolonialismus 
thematisieren sollen.



Viele Absichten allerdings blieben sehr vage. Manche Anliegen des Eine Welt Netzwerks
 Hamburg teilten die Parteien im Prinzip - etwa die stärkere Einbeziehung von MigrantInnen-
Organisationen. Allein die konkreten Schritte und Maßnahmen, wie diese umzusetzen sind,
 fehlten bedauerlicherweise an wichtigen Punkten.

 Eine klare Absage an eine Grundförderung entwicklungspolitischer Initiativen erteile die CDU. 
Auch die SPD mache in dieser Frage wenig Hoffnung. Nur die GAL habe erkannt, dass im
 Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zivilgesellschaftliche Organisationen auch wieder
 institutionell unterstützt werden müssten, da nur eine verlässliche finanzielle Förderung 
Ressourcen frei lege, die für die konkrete Projekt- und Bildungsarbeit genutzt werden könnten. 


SPD, GAL und die LINKE unterstützen zwar die Forderung nach einer Erhöhung der
 entsprechenden Haushaltstitel. Doch mit dem Verweis auf die Haushaltslage machten die 
SPD und die GAL deutlich, dass ihre Prioritäten woanders liegen. "Für viele Parteien ist 
Entwicklungspolitik offensichtlich nur ein Luxus, den man sich leisten kann, wenn 
gerade Geld da ist", so von Biela.

Schockiert ist das Netzwerk über so manche Aussagen der CDU. Angesichts 
Lagerunterbringung, Abschiebehaft und Duldungen findet es die Behauptung zynisch,
 Hamburg sei "ein sicheres, lebenswertes und attraktives Zuhause für alle
 Generationen und in jeder Lebensphase". Auch dass sich die CDU wie die SPD dafür 
ausspreche, "gut integrierten" Kindern und Jugendlichen eine Bleiberechtsperspektive zu 
ermöglichen, offenbare "die Nützlichkeitserwägungen, die nicht davor zurückschrecken, 
Kinder, die in engen Wohnungen oft nicht die besten Lernbedingungen haben, unter einen 
enormen Druck zu setzen. Denn dann hängt es allein von ihnen ab, ob sie oder sogar die 
ganze Familie bleiben dürfen.

"

Fast sprachlos machten von Biela die Aussagen der CDU, die Städtepartnerschaft mit Dar 
es Salaam sei "nicht durch Deutschlands Vergangenheit als Kolonialmacht belastet". "Mit 
einer so naiven und verharmlosenden Sicht wird es schwierig, wenn nicht gar unmöglich,
 eine gleichberechtigte Partnerschaft zu gestalten", so von Biela.


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