bmz_100Berlin. - Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin das erste gemeinsame Afrikakonzept der Bundesregierung veabschiedet. Der Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Hans-Jürgen Beerfeltz (FDP), wertete dies als "historisch": Seit über 20 Jahren seien immer wieder Versuche für ein gemeinsames Konzept unternommen worden, aber nie aus dem Entwurfsstadium herausgekommen. Der Verband Entwicklungspolitik sieht die Interessen der Wirtschaft zu sehr im Vordergrund.

"Dass wir heute das Konzept im Kabinett verabschiedet haben, zeigt zwei Dinge", sagte Beerfeltz. "Erstens: Endlich ziehen alle Ressorts an einem Strang und stimmen sich zukünftig noch besser ab, wenn es um den Kontinent Afrika geht. Dadurch vermeiden wir widersprüchliches Vorgehen und steigern die Wirksamkeit und Effizienz unserer Arbeit. Dies gilt für die bessere Verzahnung von Wirtschafts- und Entwicklungspolitik ebenso wie für die Kohärenz von Agrar- und Entwicklungspolitik. Zweitens: Die Bundesregierung sieht unseren Nachbarkontinent als gleichberechtigten und wichtigen Partner. Sie setzt auf die Chancen und Potentiale des Kontinents und seiner Menschen."

Das Konzept benennt dazu sechs Schlüsselbereiche der gemeinsamen Werte und Interessen: Frieden und Sicherheit; gute Regierungsführung; Wirtschaft; Klima und Umwelt; Energie und Rohstoffe sowie Entwicklung, Bildung und Forschung.

Beerfeltz verwies darauf wie wichtig es sei, Afrika als einen Chancenkontinent wahrzunehmen. Die Wirtschaft wachse um knapp sechs Prozent, die Armut sinke kontinuierlich, die Märkte würden zunehmend attraktiver. Die "afrikanischen Löwen" würden bald "die asiatischen Tiger ablösen", so der Staatssekretär. Dies zeigten auch Erfolgsgeschichten wie z.B. das Mobile Banking. Inzwischen hätten die zwei großen Anbieter in Kenia und Ostafrika zwölf Millionen beziehungsweise zehn Millionen Kunden.

Das Potenzial des Privatsektors stärker für Entwicklung zu nutzen, sei ein zentrales Anliegen des BMZ, so Beerfeltz: "Wir setzen auf eine selbsttragende Entwicklung. Wir wollen, dass ein starker - und von uns geförderter - Privatsektor in Afrika das Geld selber erwirtschaftet, was der Staat zur Erreichung der Milleniums-Entwicklungsziele braucht."

Das Afrika-Konzept der Bundesregierung ignoriere die Lebenswirklichkeit eines Großteils der afrikanischen Bevölkerung, kritisierte der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO). Nicht die Überwindung von Armut und Hunger stünden im Vordergrund, sondern deutsche Wirtschaftsinteressen.

"Dennoch begrüßen wir, dass die Bundesregierung erstmalig ein ressortübergreifendes Afrika-Konzept erstellt hat", sagte der VENRO-Vorstandsvorsitzende Ulrich Post.  "Dies ist eine Chance für eine entwicklungsfördernde abgestimmte Politik. Wir begrüßen auch, dass die Bundesregierung bei den Potenzialen des Kontinents ansetzt und nicht bei der Beschreibung von Bürgerkriegen, Korruption und Hunger verharrt. Allerdings malt sie sich den Kontinent im Konzept bisweilen schön. Zudem konkurrieren in dem Papier gegensätzliche Interessen miteinander. Tatsächliche oder mögliche Zielkonflikte deutscher Afrikapolitik wie beispielsweise bei der Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung werden nicht benannt."

Insbesondere das Thema ländliche Entwicklung hätte in dem Konzept eine prominentere Rolle spielen müssen, so VENRO. 80 Prozent der armen Menschen in Subsahara Afrika lebten auf dem Lande. Im Vordergrund des Papiers stünden stattdessen Wachstum, die Öffnung von Märkten für die deutsche Wirtschaft und eine stärkere Verzahnung zwischen Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit. Der Aufbau der afrikanischen Volkswirtschaften werde dagegen außen vorgelassen.

"Indem sie die Entwicklungszusammenarbeit einer Privatisierungs- und Marktlogik unterwirft und ihre Verantwortung gegenüber Afrika an die deutsche Privatwirtschaft überträgt, stiehlt sich die Bundesregierung aus der Verantwortung", erklärte Niema Movassat, Mitglied der Linkspartei im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. "Allein die Verschiebung der Schwerpunkte weg von der bis dato zentralen Armutsbekämpfung hin zu Sicherheit, Energie, Rohstoffen und Wirtschaft zeigt, dass nicht die Entwicklung des afrikanischen Kontinents im Sinne der Afrikanerinnen und Afrikaner im Vordergrund steht, sondern Afrika nach wie vor als Rohstofflager gesehen wird. Alles soll sich dem Ziel der Schaffung von möglichst optimalen Investitionsbedingungen für die deutsche Wirtschaft unterordnen. Zu Zwecken einer längst überholten neoliberalen Privatisierungs- und Marktlogik opfert die Bundesregierung die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit bis hin zur Selbstabschaffung des Instruments."

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