g20Cannes. - Zum Abschluss des G20 Gipfels in Cannes haben sich nichtstaatliche Organisationen am Freitag enttäuscht gezeigt. Die Krise in der Euro-Zone und der  Aktionsplan für mehr Wachstum und Beschäftigung dominierten die Gespräche. Für ärmere Länder besonders wichtige Themen wie Ernährung, Nahrungsmittel-Sicherheit oder Klimawandel wurden von den 20 führenden Industrie- und Schwellenländern ignoriert. Der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) sprach von einer vertanen Chance.

"Bei der Finanztransaktionssteuer wurde keine Einigung erzielt und damit wieder eine Chance vertan, ein wirksames Instrument  für die Gewinnung von zusätzlichen Mitteln zur Armutsbekämpfung und dem Klimaschutz zu schaffen", kritisierte der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen. Es sei zwar zu begrüßen, dass angesichts der Nahrungsmittelkrise und des Hungers auf der Welt mehr in landwirtschaftliche Produktion investiert und die Spekulation auf Nahrungsmittel eingedämmt werden solle.  

"Die Interessen der armen Länder aber, die am meisten unter der Krise leiden, obwohl sie dafür nicht verantwortlich sind, sind schlichtweg zu kurz gekommen", sagte die stellvertretende VENRO-Vorsitzende Christa Randzio-Plath. "Der Gipfel wurde von der Eurokrise überlagert, im Vordergrund stand die Erarbeitung eines G20-Aktionsplans für Wachstum und Beschäftigung."

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy seien bei der Einführung einer Steuer auf globale Finanztransaktionen schnell eingeknickt, monierte VENRO. Eine Bankenabgabe ersetze aber nicht die Finanzmarktsteuer. Diese sei ein effizientes  Mittel, um sowohl unkontrollierte Finanzflüsse einzudämmen, als auch zusätzliche Mittel für Armutsbekämpfung und Klimaschutz zu generieren.

"Im Vorfeld des Gipfels hatte die französische Regierung große Anstrengungen unternommen, das Thema Nahrungsmittel-Sicherheit als Top-Thema auf die Agenda zu setzen", erklärte Marwin Meier, Referent für Gesundheits- und Ernährungsthemen bei World Vision. "Daher hofften wir auf weitreichende neue Ideen und Vorschläge. Unsere Erwartungen wurden leider zutiefst enttäuscht." Selbst Bill Gates' Vorstellungen zu innovativen Finanzinstrumenten seien kaum wahrgenommen worden.

Der Fokus der politischen Gespräche in Cannes lag auf der Lösung der europäischen Finanzkrise. "Wir bestreiten nicht, dass dieses Thema wichtig ist, doch die 925 Millionen Menschen, die jeden Abend mit einem leeren Magen ins Bett gehen und die Millionen Menschen am Horn von Afrika, die derzeit ums Überleben kämpfen, hätten die Aufmerksamkeit der einflussreichsten politischen Führer dringend benötigt", betonte Meier. Lösungsvorschläge und Ansätze gebe es reichlich, aber zumindest der politische Wille müsse vorhanden sein, um wirkliche und nachhaltige Verbesserungen für die ärmsten und schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die Kinder, zu erreichen.  

Der Deutschlanddirektor von ONE, Tobias Kahler, sagte zum Ausgang des Gipfels: "Wichtige Themen wurden von der griechischen Schuldenlast zerquetscht. Es gab jedoch 75 Minuten der Hoffnung, in denen auf dem Gipfel auch über Entwicklung und über starke Ideen im Kampf gegen Armut diskutiert wurde. Diese 75 Minuten mögen den Gipfel gerettet haben. Die Vorschläge von Bill Gates zur Finanzierung von Entwicklungshilfe und zur Transparenz im Rohstoffbereich müssen nun rasch umgesetzt werden. Dafür muss sich Angela Merkel, die in der Euro-Krise eine starke Führungsrolle übernommen hat, einsetzen."

"Nach den Beschlüssen von Cannes werden die G20 in die nächste Staatsschuldenkrise ebenso unvorbereitet stolpern wie in die Griechenlands 2010. Es wird wieder wichtige Zeit verloren gehen, in der die Gläubigerstaaten sich über das Vorgehen erst verständigen müssen", sagte Jürgen Kaiser, Koordinator von erlassjahr.de. "Die G20 haben - wie schon die G8 nach der Argentinienkrise 2003 - die Chance verpasst aus der Krise zu lernen und ein rechtsstaatliches Verfahren zu entwickeln, mit dem Staatsschulden schnell, wirksam und fair gegenüber allen Beteiligten reduziert werden können."

"Der Gipfel in Cannes hat bestätigt, dass die G20 nicht in der Lage sind, substantielle Reformen des internationalen Finanzsystems durchzusetzen", lautet das Fazit von Peter Wahl, Finanzmarktexperte von WEED, zum Gipfel in Cannes. "Die Abschlusserklärung enthält vage gehaltene Vorschläge, die man z.B. beim Gipfel in Pittsburgh schon präziser gehört hat", so Wahl, "seither sind zwei Jahre ins Land gegangen, und wieder gibt es nur Absichtserklärungen."

www.g20.org


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