mmKöln. - Anlässlich der Afghanistan-Konferenz am 8. Juli in Tokio hat medica mondiale die Geberländer dazu aufgefordert, alle Gelder und Maßnahmen für den zivilen und entwicklungspolitischen Aufbau Afghanistans nach 2014 an den Bedürfnissen der afghanischen Zivilgesellschaft auszurichten. Zum Schutz von Frauen und Mädchen, aber auch zur Friedenskonsolidierung und Demokratisierung Afghanistans, müssten mehr Hilfsgelder in den Aufbau des Justizbereichs sowie in lokale Frauen- und Menschenrechts-Initiativen fließen, so die Organisation.

Elf Jahre ISAF-Einsatz hätten unmissverständlich gezeigt dass es mit einer Außen- und Entwicklungspolitik, deren Sicherheitsbegriff allein militärische Ziele umfasst, keine Stabilisierung in Afghanistan geben werde. "In Tokio müssen die Geber endlich substanzielle Vereinbarungen treffen, die sich an den Bedürfnissen der Zivilbevölkerung orientieren und ihre Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen sichern", sagte Monika Hauser, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von medica mondiale. "Dazu muss sich die internationale Gebergemeinschaft ausdrücklich zu Frauenrechten und Rechtsstaatlichkeit bekennen und diese Bereiche entsprechend fördern."

Wie wichtig diese Unterstützung sei, zeigten aktuelle Entwicklungen in Afghanistan, so medica mondiale. "Die infame Verleumdungskampagne der Regierung Karzai gegen Frauenschutzhäuser ließ bereits 2011 erkennen, mit welch kruden Mitteln afghanische Entscheidungsträger ihre patriarchale Politik durchsetzen wollen." Erst kürzlich habe der afghanische Justizminister  Frauenhäuser öffentlich als "Orte unmoralischer Vergehen" diskreditiert. Für Hauser machen diese Beispiele nur zu deutlich: "Frauen müssen aktiv an der politischen Entscheidungsfindung teilhaben können, um derartige frauenfeindliche Strategien abzuwehren. Ansonsten werden ihre Rechte in kürzester Zeit ausgehebelt." In Tokio gelte es, hierfür die Weichen zu stellen.

Doch schon jetzt, zwei Jahre vor dem geplanten Abzug der ISAF-Truppen, werde erkennbar an Entwicklungsgeldern für afghanische und internationale Nichtregierungsorganisationen (NRO) gespart, kritisierte medica mondiale. Afghanische Frauen befürchteten, dass lokale Menschenrechtsinitiativen als erste vom mangelnden Geberwillen betroffen sein könnten. Angesichts der auf der NATO-Konferenz im Juni vereinbarten 4,1 Milliarden US-Dollar Jahresbudget für den Ausbau der afghanischen Sicherheitskräfte, mit denen die internationale Gemeinschaft nach elf Jahren gescheiterter Sicherheitspolitik immer noch einen erfolgreichen Militärapparat herbeifinanzieren wolle, sei diese Entwicklung nicht tragbar.

Umso dringlicher müsse die deutsche Bundesregierung ihre für den zivilen Aufbau zugesagten 430 Millionen Euro in dem strategischen Sinne nutzen, den die NRO hierzulande seit Jahren anmahnten. Dazu zählt für medica mondiale beispielsweise, zukünftige Zuschüsse für Afghanistan an Vergabekriterien zu binden, wie den Schutz von Frauenrechten. Um der afghanischen Zivilbevölkerung langfristig eine maßgebliche und hörbare Stimme zu geben, könnte ein internationaler Fonds eingerichtet werden, der die Entsendung geeigneter Vertreter in nationale und internationale Entscheidungsgremien gewährleistet.

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