kongo_dr_100Berlin. - Im Osten der Demokratischen Republik Kongo spitzt sich die Lage immer mehr zu. Kämpfer der Rebellengruppe "M23" sind in die Provinzhauptstadt Goma eingedrungen und haben nach eigenen Angaben den Flughafen erobert. Das Ökumenische Netz Zentralafrika (ÖNZ) warnt vor einer humanitären Krise im Ostkongo. Nach Berichten von World Vision rekrutieren die verfeindeten Parteien in Goma Kinder und Jugendliche als Soldaten.

Das Ökumenische Netz Zentralafrika, ein Netzwerk der kirchlichen Hilfswerke in Deutschland, kritisierte die Kampfhandlungen in der Provinz Nordkivu der Demokratischen Republik Kongo. Den M23 Rebellen sei es gelungen, den Flughafen und Teile der Provinzhauptstadt Goma zu erobern, berichtete das ÖNZ am Dienstag in Berlin. Goma ist eine Großstadt mit rund 400.000 Einwohnern.

In den letzten Tagen und Wochen waren tausende Menschen vor den Kampfhandlungen zwischen M23 und der Nationalen Armee FARDC geflohen. Viele Flüchtlinge seien ohne Zugang zu humanitärer Hilfe, berichtete das ÖNZ. Insbesondere Kinder seien Opfer dieses Krieges.

Der UN Sicherheitsrat habe schon im Juni Beweise dafür vorgelegt, dass Ruanda die Rebellengruppe M23 finanziell, logistisch, personell und strategisch unterstützt. Ruanda versuche sich militärisch und politisch Einfluss im Nachbarstaat zu verschaffen und sichere mit Hilfe der M23 Rebellen seinen Zugang zu den reichen Rohstoffvorkommen im Osten der DR Kongo, erklärte das ÖNZ.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hatte wegen Hinweisen, die ruandische Regierung unterstütze die Rebellen im Kongo, im Juli 2012 die Zahlung von Budgethilfe an Ruanda eingestellt. Die Bundesregierung solle nun "bilateral und multilateral auf die Regierung in Ruanda Druck ausüben, damit diese ihre Unterstützung für die M23 glaubwürdig einstellt", fordert das ÖNZ.

"Der UN Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft müssen nun härtere Sanktionen gegen Ruanda verhängen, um die seit Mitte der 1990er Jahren andauernden Übergriffe auf den Nachbarstaat zu beenden und die Bevölkerung in der Kivuregion zu schützen", fordert Ilona Auer-Frege, Koordinatorin des ÖNZ. "Ebenso wichtig ist aber auch, dass die Regierung der DR Kongo endlich die Reform ihrer Sicherheitskräfte beschleunigt und Korruption und Missstände in den Reihen der nationalen Armee und Polizei behebt. Die Menschen in der Kivuregion sind die Leidtragenden, wenn die Führung der DR Kongo es versäumt, ihre staatlichen Aufgaben wahrzunehmen, Sicherheit herzustellen und Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden."

Das ÖNZ fordert, die Kampfhandlungen sofort einzustellen. In politischen Verhandlungen müsse Ruanda zusichern, ab sofort die staatliche Souveränität der DR Kongo vollständig zu respektieren und alle illegale Einflussnahme auf das Territorium und den Wirtschaftsbereich der DR Kongo zu unterlassen. Im Gegenzug müsse die kongolesische Regierung alles dafür tun, ihre Sicherheitskräfte zu reformieren und den Schutz der Bevölkerung vor bewaffneten Milizen zu garantieren. Plünderungen durch FARDC-Soldaten müssten sofort gestoppt werden.

"Besonders wichtig ist es, die mafiösen Netzwerke, die den illegalen Rohstoffhandel in der Kivuregion organisieren, auszutrocknen", betonte das ÖNZ. Auch Regierungsmitglieder seien in den unrechtmäßigen Export von Mineralien wie Gold, Coltan, Kupfer und Diamanten verstrickt.

In die politischen Verhandlungen, die z.B. im Rahmen der Konferenz der Staaten der Großen Seen Region (ICGLR) geführt werden können, sollten Vertreter der kongolesischen Zivilgesellschaft, der Kirchen und Menschenrechtsgruppen eingebunden werden, um die Stimme der Bevölkerung in den Friedensprozess einzubringen, fordert das ÖNZ. Die UN Blauhelmmission MONUSCO müsse mit allen Mitteln ihr Mandat, den Schutz der Bevölkerung vor militärischen Übergriffen, wahrnehmen. Dazu benötige sie eine bessere personelle und materielle Ausstattung durch den UN Sicherheitsrat und seine Mitglieder.

Trotz der angespannten Lage vor Ort werden die rund 40 lokalen Caritas-Mitarbeiter in der Region bleiben und die Hilfsprojekte für Flüchtlinge, die derzeit aufgrund der Kämpfe ruhen, so bald wie möglich wieder aufnehmen. Das kündigte Caritas international in Freiburg an. Aktuell werde nach Wegen gesucht, wie Hilfe zu den Flüchtlingen gebracht werden kann.

In großer Sorge ist Oswald Musoni, der Direktor der Caritas Goma, um die Vertriebenen in den Lagern Mugunga und Lac Vert, da sich die Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Regierungstruppen nach jüngsten Berichten in Richtung der dortigen Flüchtlingscamps ausweiten. Aufgrund der anhaltenden Kämpfe sei es nicht möglich, zu den Vertriebenen vorzudringen, um Hilfsgüter wie Lebensmittel und Trinkwasser zu verteilen.

Nach Angaben des internationalen Kinderhilfswerks World Vision rekrutieren die verfeindeten Parteien in der Provinzhauptstadt Goma Kinder und Jugendliche als Soldaten. "Wir erhalten Berichte von Kindern, die von bewaffneten Männern Macheten und auch Schusswaffen erhalten", erklärte Dominic Keyzer von World Vision im Kongo. "Oft werden Kinder rekrutiert, die ihre Eltern im Chaos der Auseinandersetzungen verloren haben." In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Berichte gegeben, dass Kinder als Soldaten missbraucht würden.

Viele Kinder wurden von ihren Eltern getrennt, als diese vor den Rebellen aus Goma und der Umgebung der Stadt geflohen waren. Einige Kinder und Jugendliche haben sich in Kirchen und Schulen versteckt, andere irren ziellos durch die Stadt. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF schätzt ihre Zahl auf 600. Insgesamt leben nach Schätzungen von World Vision mehrere hunderttausend Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Goma.

www.oenz.de
www.caritas-international.de
www.worldvision.de

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