uni hohenheim 100Berlin. - Sie "hungern", obwohl sie jeden Tag satt werden. Weltweit sind 2,5 Milliarden Menschen vom sogenannten verborgenen Hunger betroffen – nicht nur in Entwicklungsländern. Meist bleibt der Hunger unbemerkt, weil die Menschen nicht am Hungergefühl leiden. Reicht das Einkommen für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung nicht aus, können lebenswichtige Nährstoffe in der täglichen Kost fehlen. Ein Ernährungsmediziner der Universität Hohenheim macht jetzt in einem Buch auf diese Tatsache aufmerksam.

Auch in Industrienationen gibt es den verborgenen Hunger besonders dort, wo Armut herrscht – alleinerziehende arbeitslose Mütter und ihre Kinder oder verarmte Senioren. "Das Thema ist offensichtlich nicht von öffentlichem Interesse, es ist eben verborgen", erklärt der Managing Direktor des Food Security Center, Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim. Er hat dem verstörenden Phänomen ein ganzes Buch gewidmet.

"Armut und der sogenannte verborgene Hunger sind untrennbar miteinander verbunden", warnt Prof. Biesalski. "Mit dem Entwicklungsstand eines Landes hat dies nicht immer etwas zu tun, wie Studien aus Großbritannien und USA zeigen." Die Folgen des verborgenen Hungers: eine oft chronische Unterversorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen wie zum Beispiel Vitamin A, Folsäure, Vitamin D, Eisen, Zink, Jod oder lebenswichtigen Eiweißbausteinen bzw. Fettsäuren. Besonders häufig betroffen sind Kinder aus armen Familien. Eine solche Unterversorgung wird, weil sie sich lange nicht bemerkbar macht, auch als verborgener Hunger bezeichnet. Er hat bei Kindern in den ersten Lebensjahren erhebliche und oft unumkehrbare Folgen für deren körperliche und geistige Entwicklung.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO warnen: Weltweit seien 2,5 Milliarden Menschen, vor allem Kinder, vom verborgenen Hunger betroffen. "Selbst eine nur kurzfristige Lebensmittelknappheit durch steigende Preise oder Dürren kann vor allem bei chronisch unterernährten Kindern fatal sein", sagt Prof. Biesalski. Im Schnitt stürben alle 20 Minuten 130 Kinder weltweit an den direkten oder indirekten Folgen des verborgenen Hungers, noch vor dem fünften Lebensjahr. Oft werden die Kinder mangelernährt geboren, da bereits die Mutter an verborgenem Hunger leidet.

In seinem neuen Buch versucht der Wissenschaftler, diesen Hunger aus seiner Verborgenheit zu holen. "Der verborgene Hunger. Satt sein ist nicht genug" heißt sein Werk. Auf über 300 Seiten beschreibt und untersucht der Forscher das verstörende Phänomen, stellt die Ursachen (Biotreibstoffe, Preise, Spekulationen und Landraub) und die schwerwiegenden Folgen des verborgenen Hungers vor und erörtert, mit welchen Maßnahmen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aktiv werden müssten.

Vom 6. bis 9. März 2013 findet an der Universität Hohenheim der weltweit erste internationale Kongress über verborgenen Hunger statt. Einige der weltweit führenden Wissenschaftler auf diesem Gebieten sind dann vor Ort. Das vorläufige Programm und weitere Informationen gibt es im Internet auf: www.hiddenhunger.uni-hohenheim.de.

Hans Konrad Biesalski: Der verborgene Hunger. Satt sein ist nicht genug, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013, gebunden, 307 Seiten, 24,90 Euro, ISBN 978-3-8274-2952-0.


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