gfbvGöttingen. - Wie schon in Mali droht die Unzufriedenheit der Tuareg nun auch in Libyen in einen Konflikt zu münden. Libyens Tuareg fordern einen gerechteren Anteil an den Erträgen aus der Ölförderung und mehr Investitionen in ihrer Region. Die Krise in Mali drohe auf den Süden Libyens überzugreifen, warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV).

In einem Gespräch mit dem Ölminister des Landes verlangte der Tuareg-Rat nach Angaben der GfbV am Dienstagabend mehr Arbeitsmöglichkeiten in der Ölindustrie für Angehörige der Minderheit sowie den Ausbau von Krankenstationen, Krankenhäusern und Landwirtschaftsprojekten im verarmten Süden des Landes. "Wer die Sicherheit im Süden Libyens erhöhen will, muss mehr für die Tuareg tun", sagte der Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Ulrich Delius, am Donnerstag in Göttingen. Der Tuareg-Rat ist von der libyschen Regierung als beratendes Organ anerkannt. In ihm sind führende Vertreter und Älteste der im Süden des Landes lebenden Minderheit zusammengeschlossen.

Die GfbV warnte davor, die Forderungen der Tuareg zu ignorieren. Denn angesichts der eskalierenden Krise im benachbarten Mali drohe der Konflikt auf den Süden Libyens überzugreifen. "Radikale Islamisten, die nun aus Mali fliehen, könnten die Unsicherheit im Süden Libyens nutzen, um sich dort neu zu strukturieren", erklärte Delius. "Aufgrund des großen Machtvakuums im Süden Libyens ist auch die für Europa so bedeutende Ölindustrie dieses Landes vor Terroranschlägen radikaler Islamisten nicht sicher. Deshalb ist es nun umso wichtiger, Süd-Libyen nicht nur militärisch stärker zu sichern, sondern auch die latente Unruhe unter den Tuareg zu beenden."

Der Chef der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen für Libyen (UNSMIL), Tarek Mitri, hatte am Dienstag im Weltsicherheitsrat vor dramatischen Sicherheitsproblemen in Libyen gewarnt. Libyens Streitkräfte seien nicht in der Lage, die Grenzen im Süden des Landes wirksam zu sichern. Die Gefahr sei groß, dass sich dort radikale Islamisten neu formieren könnten, sagte Mitri. Auch der UN-Vertreter bezeichnete die wachsende Unzufriedenheit der Menschen im Süden des Landes als große Gefahr. Aus Protest gegen die Vernachlässigung ihrer Region hatten Abgeordnete aus Süd-Libyen in den letzten Monaten den Allgemeinen Nationalkongress, das Parlament Libyens, verlassen.

Libyen hatte am 16. Dezember 2012 das Kriegsrecht über den Süden des Landes verhängt und aus Sorge über die angespannte Sicherheitslage die Schließung der 4.000 Kilometer langen Staatsgrenze angeordnet.

Ein Großteil der Bevölkerung in Süd-Libyen sind laut GfbV Tuareg. Die mindestens 20.000 Tuareg leben zum Teil in unmittelbarer Nähe von Ölförder-Anlagen im Murzuk-Becken. In der rund 800 Kilometer südlich der Hauptstadt Tripolis gelegenen Region wird seit 1997 Erdöl gefördert und mit einer Pipeline zu einem Exporthafen an der Mittelmeerküste gepumpt. Das Murzuk-Becken gilt als eine der größten Hoffnungen der libyschen Erdölindustrie. Neben libyschen Unternehmen fördern dort auch die französische Firma TOTAL, die italienischen ENI und AGIP, die österreichische OMV und die spanische Repsol. Libyen ist viertwichtigster Erdöllieferant Deutschlands.

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