gfbvGöttingen. - Nach der Verhängung des Ausnahmezustandes im Nordosten Nigerias hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch dort mehr Initiativen zur Beendigung der Straflosigkeit gefordert. "Mehr als 14.000 Menschen starben seit 1999 im Zentrum und Norden Nigerias durch religiös, ethnisch und politisch motivierte Gewalt. Doch kaum 200 Verantwortliche wurden bislang vor Gericht zur Rechenschaft gezogen", kritisierte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.

"Die Verhängung des Ausnahmezustands wird allein nicht ausreichen, die Gewalt zu stoppen", sagte Delius weiter. "Dringend muss dafür gesorgt werden, dass Nigerias Justiz die Täter auch verurteilt. Die katastrophalen Zustände in den Gefängnissen müssen enden, so dass Verbrecher auch ordnungsgemäß inhaftiert werden können." Schon im Dezember 2011 war in Teilen von vier Bundesstaaten in Nordnigeria der Ausnahmezustand verhängt worden. Doch die Gewalt hatte daraufhin nicht abgenommen.

Staatspräsident Jonathan Goodluck hatte am Dienstag den Ausnahmezustand in den Staaten Adamawa, Borno und Yobe verhängt, um Terrorangriffe der Boko-Haram-Sekte einzudämmen. Boko Haram greift nach Angaben der GfbV vor allem Christen und kirchliche Einrichtungen an, ermordet aber auch liberale Muslime. Sie wolle damit Nigeria destabilisieren und den Sturz der Regierung herbeiführen.  

"Der Terror von Boko Haram ist schrecklich, aber die Gewalt geht nicht nur von dieser Gruppe aus", berichtete Delius. Die Sekte werde für die Ermordung von bis zu 2.000 Menschen seit 2010 verantwortlich gemacht. Viele Opfer forderten aber auch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen im Zentrum und Osten des Landes. Erst am vergangenen Freitag seien 20 Menschen während einer Beerdigung in der Stadt Wukari im Staat Taraba im Osten des Landes getötet worden. Muslime fühlten sich von einem Begräbniszug von Christen herausgefordert und hätten die Trauernden angegriffen. Hintergrund des Konflikts sei ein seit langem anhaltender Landstreit.

Auch weiter westlich in Zentralnigeria eskaliere die Gewalt zwischen Fulani-Nomaden und sesshaften Bauern vom Volk der Tiv, so die GfbV. Seit Anfang Mai 2013 seien 170 christliche Tiv bei Übergriffen muslimischer Fulani in den Bundesstaaten Benue und Kaduna gestorben. Am vergangenen Sonntag und Dienstag seien bei Angriffen von Fulani auf Dörfer in den Bundesstaaten Kaduna und Benue 23 Menschen getötet worden. Die Fulani hätten zahlreiche Häuser der Tiv niedergebrannt.

Bei einem weiteren Angriff von Fulani auf Bauern in Agatu im Bundesstaat Benue seien am vergangenen Samstag 47 Menschen bei einer Begräbnisfeier getötet worden. Hintergrund der Streitigkeiten seien weniger religiöse Differenzen, als vielmehr der Streit um die Kontrolle von Weidegründen und Land vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels und immer geringerer Ressourcen. Die Fulani werfen den Behörden vor, Weidegrund niemals erhalten zu haben, der ihnen vor 53 Jahren vom Staat versprochen worden war. 

www.gfbv.de

 


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