syrienBonn. - Die internationale Gemeinschaft muss ihre Hilfe für syrische Flüchtlinge dringend aufstocken, um besonders die außerhalb von Flüchtlingscamps untergekommenen Familien mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen. Dies haben die in der Region tätigen Hilfsorganisationen CARE, Handicap International, Oxfam und World Vision am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung gefordert.

1,4 Millionen Menschen und damit rund 80 Prozent aller Flüchtlinge leben nach Angaben der Organisationen außerhalb von Camps in provisorischen Unterkünften oder überfüllten, teuren Mietwohnungen. Sie mit Informationen und Hilfe zu erreichen sei angesichts knapper Mittel und des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen äußerst schwierig. Allein im Libanon verteilen sich die Flüchtlinge auf geschätzte 1.200 Orte im Land. Nach Jordanien sind mittlerweile knapp eine halbe Millionen Menschen aus Syrien geflohen, davon leben 370.000 im städtischen Raum.

"Die Nachbarländer von Syrien stehen bereits am Rande ihrer Kapazitäten. Die internationale Gemeinschaft darf sie mit der Krise nicht alleine lassen", warnt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland-Luxemburg, der zuletzt im März in Jordanien war. "Wir müssen sicherstellen, dass die humanitäre Hilfe alle Flüchtlinge erreicht, auch diejenigen, die außerhalb der großen Flüchtlingscamps leben." Zu viele Familien gingen weiterhin leer aus.

Neben Mietwohnungen haben Flüchtlinge auch in Einkaufszentren, leeren Garagen oder Notunterkünften auf Brachland Zuflucht gesucht und kämpfen jeden Tag ums Überleben. "Die Menschen mussten auf der Flucht alles zurückgelassen und sind dringend auf Unterstützung angewiesen. Da ein Ende des Konfliktes in Syrien nicht in Sicht ist, wird sich die Situation sogar noch verschärfen", mahnt Jörn Kalinski von Oxfam Deutschland.  

Nach Angaben von World Vision sind die Mieten im Libanon in den letzten sechs Monaten um bis zu 200 Prozent angestiegen, zugleich fehlt es an Arbeitsplätzen. Im Libanon dürften die Flüchtlinge nur bestimmten Berufen nachgehen, die jedoch schlecht bezahlt seien und keinerlei soziale Sicherheit böten. Bargeldhilfen, wie sie von CARE und Oxfam ausgeteilt werden, könnten die Familien entlasten, blieben aber eine kurzfristige Hilfe. "Unzählige Familien müssen hohe Schulden aufnehmen, um über die Runden zu kommen. Das führt dazu, dass auch viele Kinder arbeiten müssen und in diesen Jobs ausgebeutet werden", so Christoph Waffenschmidt von World Vision.

Die Hilfsorganisationen sind zudem besorgt über die Gesundheit der Flüchtlinge. In Mafraq, 80 Kilometer von der jordanischen Hauptstadt Amman entfernt, haben etwa ein Viertel der Flüchtlinge keinen Zugang zu Wasser, in unzähligen Flüchtlingsunterkünften in der Region fehlt es an sanitären Einrichtungen. Bei Temperaturen bis zu 40 Grad und ohne ausreichende Wasser- und Sanitärversorgung steigt auch das Risiko von Infektionskrankheiten. Medizinische und therapeutische Versorgung ist für viele zu einem unbezahlbaren Luxus geworden.

Für die zahlreichen verletzten Menschen ist diese Situation besonders kritisch, da der Mangel an Versorgung zu langfristigen Behinderungen führen kann. "Besonders gefährdete Gruppierungen wie Ältere oder Menschen mit Behinderung und chronischen Krankheiten finden oft keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung", berichtet François De Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International. Die Organisation ist vor Ort mit mobilen Teams und orthopädischen Versorgungseinrichtungen aktiv.

Im Juni hatten die Vereinten Nationen (UN) mit 3,8 Milliarden Euro den größten Spendenaufruf ihrer Geschichte gestartet, um syrische Flüchtlinge zu unterstützen. Bisher wurden davon aber erst 36 Prozent finanziert. Die UN spricht von der schwersten Flüchtlingskrise seit dem Genozid in Ruanda im Jahr 1994.

 


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