Gewalt in Ägypten. Foto: Saeed Sahat/IRINKairo. - Der brutale Militäreinsatz gegen Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi hat nach Angaben des ägyptischen Gesundheitsministeriums mindestens 525 Todesopfer gefordert. Bei der Räumung des Protestlagers auf dem Kairoer Rabaa-al-Adawija-Platz seien 202 Menschen getötet worden, meldete die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag unter Berufung auf das Ministerium. 78 Menschen seien bei der Räumung eines zweiten Protestcamps in Gizeh getötet worden. Die Muslim-Bruderschaft sprach von mehr als 2000 Toten. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnte vor der Gefahr von Pogromen gegen Christen in Ägypten.

"Indizien deuten darauf hin, dass es sich bei der Zerstörung von Kirchen und Einrichtungen der Christen um eine gezielte Terror-Kampagne von Islamisten handelt, mit der das brutale Vorgehen der Militärs gegen Mursi-Anhänger gerächt werden soll", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Innerhalb weniger Stunden wurden Kirchen, Klöster, Pfarrämter, konfessionelle Schulen und Wohnhäuser nicht nur in Kairo und Umgebung, sondern auch in Alexandria, Suez und in Oberägypten vorsätzlich in Brand gesetzt", berichtete Delius. "Die Tatorte liegen oft hunderte Kilometer voneinander entfernt. Viele Angriffe erfolgten zeitgleich, so dass es sich um einen langfristig geplanten Rachefeldzug zu handeln scheint."

Mindestens 26 Kirchen, Klöster, kirchliche Schulen und Wohnhäuser von Kopten, Katholiken, Protestanten, Baptisten und Griechisch-Orthodoxen in verschiedensten christlichen Siedlungsgebieten Ägyptens sind laut GfbV seit gestern Mittag mutwillig von Islamisten angegriffen und zerstört worden. Gleichzeitig seien Christen jedoch auch von Muslimen unterstützt worden. So hätten Muslime in einigen Orten Oberägyptens Christen beim Schutz ihrer Kirchen oder ihres Eigentums geholfen. Auch einige Salafisten hätten die Muslimbrüder dazu aufgerufen, die Angriffe zu beenden. 

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Gewalt in Ägypten auf das Schärfste und rief die verfeindeten Lager zur Versöhnung auf. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) berief aufgrund der Ereignisse in Ägypten den Krisenstab des Auswärtigen Amts ein und bestelle den ägyptischen Botschafter ins Auswärtige Amt in Berlin ein. Damit wolle er der Militärregierung deutlich machen, dass das Blutvergießen ein Ende haben müsse, sagte Westerwelle während seines Besuchs in Tunesien.

Die Türkei verlangte nach dem Blutbad vom Mittwoch eine rasche Sitzung des Weltsicherheitsrats. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem "schlimmen Massaker am ägyptischen Volk", das friedlich protestiert habe. Erdogan ist ebenso wie der am 3. Juli entmachtete ägyptische Präsident Mursi dem islamistischen politischen Lager zuzurechnen. Die Vereinigten Arabischen Emirate und der Bahrain machten hingegen deutlich, dass ihre Sympathie der ägyptischen Armee gilt, das gegen gewaltbereite "extremistische politische Gruppierungen" vorgegangen sei.

Dänemark erklärte, man habe die Entwicklungshilfe für Ägypten vorerst eingestellt. Der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel hatte in Zeitungsinterviews angekündigt, die Lage intensiv zu beobachten.

Foto: Saeed Sahat/IRIN

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