venroBonn. - Ohne die entsprechenden finanziellen Ressourcen können bei der Entwicklungs-Kooperation weder Qualität noch nachhaltige Wirkungen erzielt werden. Das hat der Verband Entwicklungspolitik deutscher nichtstaatlicher Organisationen (VENRO) am Donnerstag in Bonn betont. Der Zusammenschluss von 118 NGOs reagierte damit auf Aussagen von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), das 0,7 Prozent-Ziel solle überdacht werden.

Niebel hatte am Mittwoch bei der Vorstellung eines Berichtes der Bundesregierung zur Post 2015-Agenda, der im Vorfeld des UN-Gipfels im September in New York verfasst wurde, unter anderem erklärt, das 0,7-Prozent-Ziel der Vereinten Nationen, eines der Millenniums-Entwicklungsziele, müsse "hinterfragt werden". Es sei leicht viel Geld auszugeben, die Kunst bestehe aber darin, "die richtige Wirkung zu erzielen".

"Es ist völlig unverständlich, dass Minister Niebel ausgerechnet in diesem Zusammenhang das 0,7 Prozent-Ziel in Frage stellt und die Erhöhung der Wirkung gegen die Erhöhung der Mittel ausspielt",  sagte der Vorsitzende von VENRO, Ulrich Post. "Qualität und Quantität sind keine Gegensätze, sie sind nicht voneinander zu trennen." Die Bundesregierung verabschiede sich mit dieser Aussage von dem im Koalitionsvertrag verankerten 0,7 Prozent-Ziel und schade damit nicht nur der Entwicklungspolitik, sondern auch dem internationalen Ansehen Deutschlands.

"Beim Boxen würde man das technisches K.o. am Ende der ersten Runde nennen. Minister Niebel hat das Handtuch geworfen und sich selbst aus dem Kampf genommen. Er hat aufgegeben, um eine vernünftige Finanzausstattung seines Ministeriums zu kämpfen", so Post.

Dabei gebe es viele positive Ansätze: So setze sich die Bundesregierung für ein Zielsystem nach 2015 ein, das die Armut innerhalb einer Generation durch nachhaltige Entwicklung beseitigen soll. Die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG), die bis 2015 noch nicht erreicht worden sind, sollten weiterverfolgt werden und die neue Agenda solle sich universell auf alle Länder beziehen. Das bedeute, dass nicht nur die Entwicklungs- und Schwellenländer, sondern auch die Industrieländer in die Pflicht genommen werden.

Die Bundesregierung hatte zugesagt, dass bis 2015 mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungszusammenarbeit fließen sollen. Im vergangenen Jahr lag die Quote nach Angaben des BMZ bei 0,38 Prozent. Drei Tage nach der Bundestagswahl am 22. September findet in New York ein UN-Gipfel zu den MDG statt. Neben einer Bilanz der bisherigen MDG-Umsetzung befasst sich der Gipfel mit der Frage, wie eine künftige Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda nach dem Jahr 2015 aussehen sollte.

"Es ist ein fatales Signal, dass sich die Bundesregierung und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel mitten im Wahlkampf von ihrer internationalen Verpflichtung lossagen, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für die Armutsbekämpfung zu mobilisieren", erklärte MISEREOR-Geschäftsführer Thomas Antkowiak. "Das sind keine guten Voraussetzungen für Verhandlungen über internationale Abkommen zum Beispiel zur Zukunft der Millennium-Entwicklungsziele oder zum Klimaprozess. Wie wollen wir so unserer Vorbildfunktion gerecht werden und andere Staaten auffordern, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen?", so Antkowiak.  

MISEREOR begrüßt die Absicht der Bundesregierung, künftige Entwicklungs- und globale Nachhaltigkeitsziele in einer integrierten Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda zusammenzuführen. "Jetzt kommt es darauf an, diese Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda mit konkreten Zielen für die Zeit nach 2015 zu entwerfen. Aber diese Ziele müssen mit verlässlichen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft  flankiert werden", so Antkowiak.  

"Stattdessen aber versucht die Bundesregierung, auf Kosten der Armen und Benachteiligten weltweit Haushaltsmittel einzusparen, die andererseits für die Rettung des Banken- und Finanzsektors ausgegeben  wurden, ohne dass die Verantwortlichen in der Finanzwirtschaft an den Folgekosten der Finanzkrise angemessen beteiligt wurden", erklärte Antkowiak.    

"Zudem ist es ein Skandal, dass vielen Entwicklungsländern wegen des fehlenden politischen Willens Deutschlands und anderer Industrieländer, Kapitalflucht und Steuervermeidung wirksam zu bekämpfen, dringend benötigte Einnahmen zur Finanzierung  von Entwicklung  und sozialen Grundleistungen verloren gehen", so Antkowiak.  

"Wir fordern die künftige Bundesregierung schon vor der Bundestagswahl dringend auf, den Kampf gegen Armut und für die Durchsetzung der Menschenrechte weltweit zu intensivieren. Die Finanzierung globaler Entwicklungsziele, gerade auch mit Blick auf den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels nach 2015, erfordert den Einsatz zusätzlicher und innovativer Finanzierungsinstrumente", erklärte Antkowiak.



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