gfbvGöttingen. - Zum Abschluss eines seit mehreren Jahrzehnten betriebenen Programms zur Übersiedlung jüdischer Falaschas aus Äthiopien nach Israel hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine kritische Bilanz gezogen. Sie fordert eine bessere Integration der Neubürger in Israel, die oft diskriminiert würden.

"Für viele äthiopische Juden ist Israel heute nicht mehr das gelobte Land, da sie unter Rassismus, Verarmung und Diskriminierung leiden", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen. "Die Umsiedlung von rund 120.000 Falaschas war kein Erfolgsprogramm, weil Vorurteile und mangelnde Ausbildung die Integration der Einwanderer behinderten."

Am 28. August sollen noch einmal 400 jüdischen Migranten im Auftrag der offiziellen israelischen Einwanderungsorganisation Jewish Agency nach Israel geflogen werden. Es ist laut GfbV bis auf weiteres das letzte Kontingent äthiopischer Juden, das nach Israel umsiedeln wird. Sie gehören einer Gruppe von 7.846 Falasch Muras an, deren Übersiedlung die israelische Regierung im November 2010 genehmigt hatte.

Als Falasch Muras werden ähtiopische Juden bezeichnet, die im 18. und 19. Jahrhundert zwangsweise zum Christentum bekehrt wurden. Trotz ihrer Konvertierung haben sie an ihren jüdischen Riten festgehalten. Doch im Gegensatz zu den Falaschas verweigern ihnen einige Rabbiner die Anerkennung als Juden. 

Zehntausende Falaschas sind im Rahmen der spektakulären Operationen Moses (1984), Joshua (1985) und Salomon (1991) nach Israel übergesiedelt. Zuletzt trafen monatlich rund 200 äthiopische Juden in ihrem neuen Land ein. Die Falaschas (übersetzt: Migranten) bezeichnen sich selbst als Beta Israel (Haus Israels). Lebten 1977 erst rund 100 äthiopische Juden in Israel, nahm ihre Zahl aufgrund der offiziell geförderten Einwanderung in den 80er- und 90er-Jahren sprunghaft zu.

Viele Juden aus Äthiopien leben nach Angaben der GfbV heute in Israel in Ghettos oder illegalen Siedlungen. Unter ihnen sei die Armutsrate dreimal höher und die Arbeitslosigkeit doppelt so hoch wie unter der Mehrheitsbevölkerung. Diejenigen, die eine Arbeitsstelle haben, seien zu 90 Prozent in schlecht zahlenden Jeans-Fabriken beschäftigt. Folge ihrer katastrophalen sozialen Lage seien auch eine hohe Zahl von Selbstmorden sowie viele Fälle häuslicher Gewalt.

Als 2012 die sozialen Proteste in Israel zunahmen, gingen auch tausende Beta Israel auf die Straße. Sie forderten mehr Chancengleichheit und ein Ende des Rassismus. Auch dem Staat wird der GfbV zufolge Diskriminierung der Minderheit vorgeworfen. Das Gesundheitsministerium habe im Januar 2013 einräumen müssen, dass Einwanderinnen ohne ihr Wissen empfängnisverhütende Injektionen verabreicht worden waren. Ultra-orthodoxe jüdische Politiker hätten sogar vorgeschlagen, den Neubürgern Geld zu bieten, damit sie wieder auswandern.

www.gfbv.de

 


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