bt wahl 2013 150Berlin. - Der Wahlkampf geht nun auch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in seine heiße Phase. Nachdem die Opposition am Montag Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Vetternwirtschaft bei seiner Personalpolitik im BMZ vorgeworfen hatte, konterte die parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Kopp (FDP) am Mittwoch Kanzerkandidat Peer Steinbrück (SPD) aus. Dieser hatte eingeräumt, das 0,7 Prozent-Ziel sei in einer Legislaturperiode nicht zu erreichen.

"Peer Steinbrück hat Recht!", sagte Kopp am Mittwoch in Berlin. Mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit sei zwar immer wünschenswert, Geld allein zeuge aber nicht von erfolgreicher Entwicklungszusammenarbeit. "Diese Erkenntnis muss Peer Steinbrück aber auch seiner Schattenministerin Cornelia Füllkrug-Weitzel beibringen. Kohärente Politikkonzepte sehen jedenfalls anders aus!"

Das von den Vereinten Nationen schon 1970 verkündete Ziel, alle Geberländer sollten 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungsförderung (ODA) ausgeben, werde "von vielen wie eine Monstranz getragen", so Kopp. "Dabei verstellt es den Blick darauf, was tatsächlich zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. So würden ein entwicklungsorientierter Abschluss der Welthandelsrunde oder allein der Abbau von Zoll- und Handelshemmnissen zwischen benachbarten Entwicklungsländern den deutschen Steuerzahler keinen Cent kosten, aber wesentliche Impulse für mehr wirtschaftliches Wachstum in den Entwicklungsländern setzen. Mehr gute Arbeitsplätze innerhalb einer nachhaltigen, wirtschaftlichen Entwicklung sind der entscheidende Schlüssel, um den Kreislauf von Armut und Hunger zu durchbrechen und den Menschen in den ärmsten Regionen der Welt ein Leben in Würde und Selbstbestimmung zu ermöglichen."

Entlarvend sei auch die Sprache von Peer Steinbrück. Er halte sich immer noch am völlig veralteten Konzept der "Entwicklungshilfe" fest. "'Hilfe' schafft aber keine Partnerschaft auf Augenhöhe, sondern ein Unterordnungsverhältnis zwischen Geber und Nehmer", erklärte Kopp. "Unser Ziel ist nicht die abhängig machende Hilfe, sondern die nachhaltige Entwicklung in unseren Partnerländern. Schade, dass Peer Steinbrück hier hinter den entwicklungspolitischen Diskurs der letzten Jahre zurückfällt."


EPO.DE FAKTENCHECK:

Auch unter der rot-grünen Bundesregierung (1998-2005) wurde das 0,7 Prozent-Ziel nicht umgesetzt. Die Wahlscheinlichkeit, dass ein Kabinett Steinbrück das Ziel in ein oder zwei Legislaturperioden verwirklichen würde, ist angesichts der angestreben Konsolidierungspolitik beim Staatshaushalt nicht sehr hoch. Dabei spielt die Frage, ob die Empfängerländer das Geld sinnvoll einsetzen würden oder auf andere Weise fehlende ODA-Mittel kompensieren könnten, keine Rolle. Deutschland hat sich als UNO-Mitglied zu diesem Ziel bekannt und zur Umsetzung verpflichtet. Da es keine Sanktionen gibt, wenn ein Geberland die 0,7 Prozent nicht erreicht, droht allenfalls ein internationaler Imageverlust.

Das BMZ erklärt auf seiner Website: "Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (englisch: Official Development Assistance, ODA) werden die Mittel genannt, die DAC-Länder (also die Mitgliedsländer des Entwicklungshilfeausschusses der OECD) Entwicklungsländern direkt oder durch internationale Organisationen für Entwicklungsvorhaben zur Verfügung stellen."

Die OECD selbst definiert ODA als: "Grants or loans to countries and territories on the DAC List of ODA Recipients (developing countries) and to multilateral agencies which are: (a) undertaken by the official sector; (b) with promotion of economic development and welfare as the main objective; (c) at concessional financial terms (if a loan, having a grant element of at least 25 per cent). In addition to financial flows, technical co-operation is included in aid. Grants, loans and credits for military purposes are excluded. Transfer payments to private individuals (e.g. pensions, reparations or insurance payouts) are in general not counted."

Wörtlich übersetzt bedeutet ODA: Öffentliche (im Deutschen besser: staatliche) Unterstützung für Entwicklung. Der vom BMZ verwendete Terminus "Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit" entspräche dem englischen "Official Development Co-operation". Peer Steinbrück liegt also nicht so falsch, den Begriff "Hilfe" zu verwenden.

Das von Kopp angeführte Argument, man wolle den Begriff Hilfe vermeiden, weil es um eine "Partnerschaft auf Augenhöhe" gehe, ist Augenwischerei. Zwischen Geldgebern und -empfängern gibt es keine gleiche Augenhöhe, es sei denn das Land ist "to big to fail" oder verfügt über strategische Rohstoffe.

Zudem hat das BMZ unter FDP-Führung den Schwerpunkt der "Assistance" zunehmend wieder auf die bilaterale (statt multilaterale) Zusammenarbeit gelegt: und zwar, um die Hilfe für die Empfängerländer besser konditionieren zu können - sprich Druck auf die Nehmerländer ausüben zu können, wenn sie die Gelder nicht im Sinne der Bundesregierung verwenden. Dennoch von "gleicher Augenhöhe" zu reden, ist unlauter. Kopps Anmerkungen zum angeblich unangebrachten Begriff Hilfe sind Polemik.

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