libyen lage 100Göttingen. - Älteste der Volksgruppen der Tuareg, Toubou und Araber im ölreichen Süden Libyens wollen in dieser Woche die Autonomie ihrer Region, des Fessan, ausrufen. Damit drohe dem Land zwei Jahre nach dem Sturz von Diktator Gaddafi eine Zerreißprobe, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen. Deutschland verlöre einen wichtigen Öl-Lieferanten.

"Wenn Deutschland seinen Öl-Lieferanten Libyen nicht verlieren will, dann muss es sich mehr einsetzen für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Entwicklung in Süd-Libyen", warnte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Denn wenn der Streit um eine Föderalisierung Libyens weiter eskaliert, wird auch der Öl-Export beeinträchtigt werden." Deutschland bezieht neun Prozent seines Erdöls aus dem nordafrikanischen Land.

Rund 120 Vertreter von Tuareg, Toubou und Arabern hatten laut GfbV am Donnerstag vergangener Woche in der Stadt Ubari (Obari, Süd-Libyen) über Perspektiven für eine Selbstverwaltung des Fessan (Fezzan) beraten. Auf einer Konferenz solle in dieser Woche die Autonomie des Fessan formell ausgerufen werden, sollte sich die Regierung Libyens nicht kompromissbereit zeigen. In Europa bewährte Autonomie-Modelle würden von arabischen Nationalisten in Libyen abgelehnt, da sie ein Auseinanderfallen des Landes befürchten. Eine Föderalisierung wollten sie um jeden Preis verhindern.

Tuareg, Toubou und Araber aus Süd-Libyen fordern mehr politische Mitsprache sowie eine stärkere Beteiligung an den Gewinnen aus der Öl-Industrie. "Ihre Region ist wirtschaftlich unterentwickelt und Jahrzehntelang vernachlässigt worden", erklärte die GfbV. Tuareg und Toubou kritisierten, dass sie mit jeweils zwei Vertretern nur unzureichend in der Verfassunggebenden Versammlung Libyens vertreten sein würden. Die Tuareg werfen den Behörden zudem Rassismus vor, weil die Einbürgerung von 14.000 seit Jahrzehnten in Süd-Libyen lebenden Tuareg verweigert werde.

Im Fessan leben sowohl Tuareg als auch Toubou und arabische Gruppen. Alle kritisieren Recht- und Gesetzlosigkeit, die seit dem Sturz Gaddafis in Süd-Libyen weit verbreitet sind. So sei die Armee kaum präsent, die Polizei traue sich in viele Stadtviertel und Dörfer nicht mehr hinein, die von Milizen oder kriminellen Banden kontrolliert würden. Richter weigerten sich aus Angst vor Racheakten, Angeklagte vor Gericht zu verurteilen.

In den letzten Monaten war die Öl-Ausfuhr Libyens mehrfach aufgrund von Streiks und Bohrfeld-Besetzungen zum Erliegen kommen. Unter anderem hatten auch Toubou und Tuareg in Süd-Libyen Bohrfelder besetzt. Der Fessan mit seinen Öl-Förderstätten nahe Ubari und im Murzuk-Becken gilt neben dem Osten des Landes als bedeutendste Ölreserve. Auch in der im Osten des Staates gelegenen Cyrenaika nimmt der Ruf nach "Selbstbestimmung" weiter zu. Im Juli 2013 war in der Cyrenaika die "Unabhängigkeit und Selbständigkeit" proklamiert worden.

http://www.gfbv.de

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