germanwatch 150Berlin. - Germanwatch hat am Mittwoch eine neue "Trendanalyse zur globalen Ernährungssicherung" vorgelegt. Darin kommt die Entwicklungs- und Umweltorganisation zu dem Ergebnis, dass die Risiken für die Ernährungssicherheit weltweit zunehmen - und die europäische und deutsche Landwirtschaftspolitik großen Anteil daran hat.

"Von einer Entspannung der Lage, wie sie der neue Jahresbericht zur Welternährung der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO suggeriert, sind wir weit entfernt", erklärte Klemens van de Sand, Autor der Studie und Germanwatch-Vorstandsmitglied. Durch den Ausbau der Agrarenergie in Europa und den massiven Import von Futtermitteln (Soja) für die industrialisierte Fleischproduktion würden in Südamerika riesige Acker-, Weide- und Waldflächen für den klimaschädlichen Anbau von Futter- und Energiepflanzen in Monokulturen umgewidmet. "Im Gegenzug entziehen steigende Billigexporte von Fleisch und Milchprodukten aus der EU vielen Bauern in Entwicklungsländern ihre Existenzgrundlage und machen Möglichkeiten für eine eigenständige Versorgung mit Nahrungsmitteln zunichte."

Die Zahlen, Daten und Grafiken in der Trendanalyse verdeutlichen, dass die Entwicklung auch vor dem Hintergrund weiterer Faktoren besorgniserregend ist: Die pro Kopf verfügbare Agrarfläche nimmt im Zuge des Bevölkerungswachstums und der Urbanisierung weltweit ab, gleichzeitig vernichten zunehmende Extremwetterereignisse als Folge des Klimawandels in immer größerem Maße Ernten.

van de sand klemensDementsprechend müsste auf den verbliebenen Flächen mehr produziert werden. "Doch unsere Trendanalyse zeigt, dass die Hektarerträge von Getreide und Reis seit einigen Jahren kaum noch steigen. So wird das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage immer prekärer", sagte van de Sand (Foto). "Die Gefahr von Versorgungskrisen und Preisschocks wächst. Höhere Preise kommen wegen des ungleichen Wettbewerbs bei den lokalen Produzenten kaum an, treffen aber arme Verbraucher und Kleinbauern, die Nahrungsmittel zukaufen müssen." Manche Formen von Finanzanlagefonds sorgten mit Spekulationen zumindest kurzfristig für weitere Steigerungen und insgesamt für stärkere Preisschwankungen.

EU SOLLTE BÄUERLICHE FAMILIENBETRIEBE IN ENTWICKLUNGSLÄNDERN STÄRKEN

Germanwatch fordert die EU und die künftige Bundesregierung auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. "Es ist nicht die Aufgabe Europas, Massen von Lebensmitteln für den Export in arme Länder zu produzieren und damit die Märkte dort zu stören", sagte Klemens van de Sand. Stattdessen müsse die Produktivität dort erhöht werden, wo schon derzeit 70 Prozent der Nahrungsmittel weltweit produziert werden und wo 70 Prozent der Armen leben: bei den bäuerlichen Familienbetrieben in Entwicklungsländern. Die EU sollte durch Hilfen für Forschung, Beratung und Infrastruktur den Aufbau einer ökologisch nachhaltigen, Einkommen und Arbeitsplätze schaffenden Landwirtschaft fördern sowie die Anpassung an den Klimawandel unterstützen.

Zudem müsse die EU eine Wende in ihrer Agrar- und Handelspolitik einleiten. Germanwatch fordert, die Nutzung von Agrarflächen in Entwicklungsländern für die Massenproduktion von Fleisch und Milch sowie für die Agrarenergie in Europa zu begrenzen. Darüber hinaus müssten die Agrarfinanzmärkte wirkungsvoll reguliert werden, um Preisblasen an den Getreidebörsen zu verhindern. Nicht zuletzt unterstreicht die Trendanalyse, wie wichtig es ist, dass sich die EU und Deutschland wieder stärker für internationale Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen einsetzen.

Germanwatch-Trendanalyse "Die Risiken nehmen zu"
http://germanwatch.org/de/7068

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