zyklone phailin 131011 150Hamburg. - Es war ein beeindruckender Erfolg des indischen Katastrophenschutzes: Durch den heftigen Tropensturm Phailin starben am 12. Oktober an der Ostküste Indiens deutlich weniger als 100 Menschen. Bei einem ähnlich starken Sturm 1999 waren es rund 10.000 gewesen. Die Evakuierung von Hunderttausenden war ein überzeugender Beleg dafür, dass vorbeugende Maßnahmen bei Naturkatastrophen zahlreiche Menschenleben retten können.

Allerdings hat Phailin die Lebenssituation von mindestens 12 Millionen Menschen verschlechtert. Vor allem der ärmste Teil der Bevölkerung hat einen beträchtlichen Teil von dem wenigen verloren, was ihnen vorher ein Überleben ermöglichte. Das ist kein Einzelfall. Sandeep Chachra, Exekutivdirektor von ActionAid India stellte nach der Katastrophe fest, "dass das Ausmaß der Zerstörungen kombiniert mit der zunehmenden Häufigkeit solcher Extremwetterereignisse tatsächlich die Erfolge von Jahren der Entwicklungsarbeit von Regierungen und Organisationen der Zivilgesellschaft zurückwirft".

MEHR KATASTROPHEN GEFÄHRDEN BISHERIGE ENTWICKLUNGSERFOLGE

Das in London ansässige Overseas Development Institute (ODI) hat jetzt den Zusammenhang von Katastrophen und Verarmung in der Studie "The geography of poverty, disasters and climate extremes in 2030" untersucht und Prognosen für die kommenden Jahrzehnte erarbeitet. In Übereinstimmung mit der Klimawissenschaft gehen die ODI-Wissenschaftler davon aus, dass sich Zahl und Ausmaß von Katastrophen wie Dürren und Flutwellen in tropischen und subtropischen Regionen bis 2030 deutlich erhöhen werden. Die Katastrophen könnten zu einer Hauptursache von Verarmung werden und bisherige Erfolge der Armutsbekämpfung zunichte machen.

Es wird befürchtet, dass in den 49 am stärksten von Naturkatastrophen betroffenen Entwicklungsländern im Jahre 2030 bis zu 325 Millionen Menschen in extremer Armut leben werden. Davon werden vor allem Afrika südlich der Sahara und Südasien betroffen sein. Die 11 Länder, die voraussichtlich am stärksten unter einer durch Katastrophen verstärkten Armut leiden werden, sind Bangladesch, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Kenia, Madagaskar, Nepal, Nigeria, Pakistan, Südsudan, der Sudan und Uganda.

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Die Spur des Zylons "Phailin" durch Indien


ARMUTSBEKÄMPFUNG UND DER SCHUTZ VOR DEN FOLGEN VON KATASTROPHEN

In der Studie wird festgestellt: "Wenn es der internationalen Gemeinschaft ernst ist mit der Beseitigung von Armut bis 2030, muss das 'disaster risk management' im Zentrum der Anstrengungen zur Beseitigung von Armut stehen. Andernfalls könnte das Ziel der Beendigung von Armut unerreichbar sein." Deshalb setzt sich das ODI dafür ein, dass die Vorbereitung auf und die Bekämpfung der Folgen von Katastrophen in die Liste der nachhaltigen Entwicklungsziele für die Zeit nach 2015 aufgenommen werden. Bisher werden laut ODI-Berechnungen nur 40 Cent je 100 Dollar internationale Hilfe für Maßnahmen im Rahmen des "disaster risk management" aufgewendet.

Neben der Evakuierung von Menschen vor drohenden Katastrophen wird es nach ODI-Einschätzung auch darauf ankommen, dass die Betroffenen genügend Zeit und Gelegenheit erhalten, ihr Vieh und anderen Besitz, der ihre Lebensgrundlage bildet, mit in Sicherheit zu bringen. Tom Mitchell, der die Klimaarbeit des Instituts koordiniert, stellte bei der Präsentation der Studie fest: "Wenn wir die Armutsdimension von Katastrophen ernst nehmen, müssen wir uns sowohl auf die Lebensgrundlagen als auch auf die Leben der Menschen konzentrieren, und damit ist mehr als die bloße Evakuierung von Menschen verbunden. Unsere Standard-Vorbereitungen auf Katastrophen, die darin bestehen, die Menschen möglichst rasch in Schutzräume zu bringen, beinhalten fast nichts, um die Lebensgrundlagen der Menschen zu retten."

Im Anschluss an die Katastrophe ist es dann wichtig, die Armen dabei zu unterstützen, sich eine neue wirtschaftliche Existenzgrundlage aufzubauen. Der weitgehend fehlende Zugang zu sozialen Sicherheitsnetzen, zu Land und zu sicheren Arbeitsplätzen gehören zu den größten Risiken für die Armen nach Katastrophen, die angegangen werden müssen.

Tom Mitchell betonte bei der Vorstellung der Studie: "Angesichts der erforderlichen großen Investitionen für die Verminderung von Risiken durch Katastrophen ist es äußerst wichtig, die politischen Anreize zu verändern. Wir haben schon viel zu lange nur die Politiker belohnt, die sich als Held oder Heldin präsentierten, nachdem Katastrophen zugeschlagen hatten. Tatsächlich brauchen wir aber eine neue Art von Heldinnen und Helden, die Applaus erhalten für ihre Erfolge bei der Beendigung von Armut und der gleichzeitigen Verminderung von Risiken durch Katastrophen."

kuerschner-pelkmann frankFrank Kürschner-Pelkmann lebt in der Nähe von Hamburg, arbeitet als freier Journalist und betreibt u.a. die Website www.wasser-und-mehr.de.

Grafik: Wikipedia Commons

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