cop15Kopenhagen. - Die US-Regierung hat beim entscheidenden Klimagipfel in Kopenhagen im Jahr 2009 wesentliche Informationen über die Verhandlungs-Positionen der "Schlüsselländer" von seinem militärischen Geheimdienst NSA (National Security Agency) ausspähen lassen. Das berichtet die linksliberale dänische Zeitung "Dagbladet Information" unter Berufung auf Dokumente, die der US-amerikanische Whistleblower Edward Snowden gesammelt hat. Ziel sei es gewesen, die US-Position des Verhinderns eines effektiven Klima-Abkommens zu stärken.

Beim Kopenhagener Gipfel, der ein neues Klimaschutz-Abkommen zustande bringen sollte, hatte Präsident Barack Obama eine Reduzierung der CO2-Emissionen der USA bis 2020 um lediglich vier Prozent gegenüber den Werten von 1990 angeboten. Der Gipfel scheiterte schließlich vor allem am Widerstand der US-Regierung und anderer wichtiger CO2-Emittenten wie der Volksrepublik China. Die US-Führung hatten stets die Position des US-Finanzkapitals und der Großkonzerne vertreten, wirtschaftliche Rückschritte durch CO2-Steuern oder eine Begrenzung der Emissionen seien der US-Wirtschaft nicht zumutbar.

Dem Bericht der dänischen Zeitung "Dagbladet Information" zufolge hörte die NSA vor und während des Kopenhagener Klimagipfels den Informationsfluss anderer Verhandlungsteilnehmer ab. Demnach wurde auf der NSA-Website am 7. Dezember 2009 ein nichtöffentliches Dokument gepostet, das die Maßnahmen der NSA-Abteilung S17 (wirtschaftliche und globale Fragen) zur Ausspähung des Kopenhagener Gipfels (COP 15) beschreibt. Zentrale Passagen wurden als "streng geheim" klassifiziert.

Das Dokument, das "Information" von Edward Snowden zugespielt wurde, verspricht US-Politikern "einzigartige, aktuelle und wertvolle Einblicke in die Vorbereitungen, Ziele und Verhandlungsstrategien von Schlüsselländern" vor und während des Klimagipfels. Auch die Geheimdienste Großbritanniens, Kanadas, Australiens und Neuseelands sollen der NSA zugearbeitet haben.

Am Kopenhagener Klimagipfel nahmen mehr als 100 Staats- und Regierungschefs teil. Die Gipfelteilnehmer verabschiedeten eine unverbindliche Absichtserklärung, die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, wie dies der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) und das in Bonn ansässige UN-Sekretariat der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) gefordert hatten.

Viele Umwelt- und Klimaexperten halten diese Zielvorgabe für zu wenig ambitioniert, um schwerwiegende Folgen des Klimawandels wie Stürme, Überschwemmungen der Meeresküsten und eine daraus folgende Völkerwanderung aus besonders vom Anstieg des Meeresspiegels betroffenen Entwicklungsländern wie Bangladesch zu verhindern. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und langjährige Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, Hans Joachim Schellnhuber, nannte den IPCC ein "eigenartiges Mischwesen", das gemeinsam von Politik und Wissenschaft gezeugt worden sei und kritisierte, dass nicht die "globale Gemeinschaft der einschlägigen Forscher" die Leitautoren für die Berichte des IPCC auswähle, sondern die am Bericht beteiligten Staaten. Vertreter der Regierung beschließen zudem den Wortlaut der Kurzfassung der IPCC-Berichte, die letztlich als Handlungsanweisungen an die "Entscheider" weltweit gehen.

"Dagbladet Information" zufolge hatte die NSA bereits am 14. Mai 2007 ein internes Dokument gepostet, in dem der damalige Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium, James R. Clapper, der später "Director of National Intelligence" wurde, die Umwelt als "Gegner" beschrieb. Die US-Regierung vertrat auf den Klimagipfeln, die auf die UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro folgten, stets die Position der US-Finanzindustrie und der Multinationalen Konzerne, die eine Reduzierung der CO2-Emissionen, die die US-Wirtschaft Milliardensummen kosten würde, mit allen Mitteln verhindern wollen.

Die politische Erklärung von Kopenhagen enthält die Feststellung, die globale Durchschnittstemperatur dürfe nicht um mehr als zwei Grad Celsius über die vorindustriellen Werte ansteigen. Außerdem ist das Ziel genannt, die reichen Länder sollten ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels in den ärmeren Entwicklungsländern bereitstellen.

China hat die USA als bis dato weltgrößter CO2-Verschmutzer inzwischen überholt. Viele arme Entwicklungsländer, die nur wenig zum Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen beitragen, lehnten die Deklaration von Kopenhagen rigoros ab. Der Sudanese Lumumba Di-Aping, einer der Sprecher der Gruppe der Entwicklungsländer (G77),  sagte zu der Erklärung, sie sei "schwach". "There's nothing ambitious in this text."

Nach einem internen Papier des UN-Klimasekretariats vom 15. Dezember 2009, aus dem Nachrichtenagenturen zitierten, reichten die bis dahin abgegebenen Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen nicht aus, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Vielmehr müsse mit einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um mindestens drei Grad Celsius gerechnet werden. Seither sind die weltweiten Emissionen weiter angestiegen.

Nach Abschluss der Reden wichtiger Regierungschefs auf dem Kopenhagener Gipfel, darunter der USA und China, die zusammen etwa die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen verursachen, hatte der Deutsche Naturschutzring (DNR) konstatiert, die vom Weltklimarat gesetzten Ziele zur Erreichung der Zwei-Grad-Zieles würden klar verfehlt. So habe US-Präsident Obama "lediglich eine Reduzierung von ganzen 4% der CO2-Emissionen bis 2020 und von 34% bis 2050 auf der Basis des Jahres 1990 zugesagt", kritisierte damals der DNR.

Durch die Verhinderungsstrategie der US-Finanzindustrie und der von ihr abhängigen Großkonzerne und US-Politiker - im Verein mit Erdöl produzierenden Staaten wie Saudi-Arabien - sind die Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen derzeit praktisch zum Erliegen gekommen. Die Folgen tragen vor allem die Menschen in den ärmsten Entwicklungsländern, die sich die Hochtechnologie zur Minimierung der aus dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur resultierenden Katastrophenfolgen nicht leisten können. Mit den "Klimaflüchtlingen" werden die Konsequenzen des Nichthandelns letztlich aber auch die Industriestaaten einholen.

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